Die Zeiten sind düster, die Zahlen sind grottenschlecht. Im Februar dieses Jahres sank die Zahl der Lokalpassagiere am Flughafen Zürich gegenüber dem Vorjahr um 88,8 Prozent. Und natürlich schlug Corona auch mit voller Härte bei den Hotels der Flughafenregion zu, die in vorpandemischen Zeiten stets hervorragende Zahlen zeigen konnten. Logiernächte-Veränderung durch Corona in der Zürcher Airport-Hotellerie im Februar 2021: minus 74,2 Prozent.

Zwar sehen Airline- und Touristik-Auguren die Zukunft grundsätzlich positiver und rechnen mit einem Wiederaufflammen der Reisetätigkeit. Wann genau dies geschehen wird, ist ungewiss; die Baisse könnte noch eine Weile anhalten. So ist es kein Wunder, dass der Flughafen Zürich einige seiner kapazitätsgetriebenen Investitionen hinterfragt und Teile davon zeitlich verschoben hat.

Eröffnung für Januar 2022 geplant

Was schon eher ein Wunder ist: An einem der aussergewöhnlicheren Bauprojekte am Klotener Flughafen wird weiterhin festgehalten: einem neuen Mini-Komfort-Hotel mit 140 Schlafkapseln. Hinter dem Vorhaben steht das Jungunternehmen Capsule Hotel, das 2018 in Luzern ein erstes solches Kapselhotel eröffnet und seither einen zweiten Betrieb in Basel ans Netz genommen hat. Peter Schiffhauer, Co-Gründer und Geschäftsführer der Luzerner Capsule Hotel GmbH, plant mit einer Eröffnung im Januar 2022: "Grundsätzlich sind wir davon überzeugt, dass die jetzige Situation eine Art Reisevakuum kreiert, welches nach dem Öffnen der Grenzen gefüllt sein möchte."

Mit dem Airport-Projekt geht das Luzerner Startup ins Risiko. Denn der Flughafen Zürich sieht seine Rolle bei dem Vorhaben als "reine Vermieterin der Fläche und ist nicht beteiligt an den Investitionen fürs Hotel." Für den Ausbau des Kapselhotels am Flughafen Zürich-Kloten veranschlagt Schiffhauer rund 3,3 Millionen Franken. Wenig im Vergleich zu herkömmlichen Hotels, aber eine beträchtliche Summe für ein Jungunternehmen, das dabei auf die Hilfe von Aktionären angewiesen ist, die ebenso finanz- wie visionsstark sind.

Solche Geldgeber hat Schiffhauer gefunden. Etwa in Erich Mosset, dem Co-Besitzer des Uhrwerk-Herstellers Ronda in Lausen BL. "Ein spannendes Konzept, gerade auch für asiatische Touristen", findet Mosset. "Das Capsule Hotel funktioniert auch als eine Plattform für Übernachten, Coworking-Arbeiten und Kennenlernen anderer Gäste."

Für die Zukunft ist Mosset nicht bange: "Die Lage gegenüber des Terminal 1 ist gut gewählt. Das Reisegeschäft wird wieder stark anziehen. Gerade junge Leute werden nach Corona wieder vermehrt reisen – und da werden günstige Angebote grosse Chancen haben."

65 bis 75 Franken pro Kapsel und Nacht

Ähnlich wie Mosset sieht es Daniel Koller, Präsident des Berner Gastro-Lebensmittellieferanten E. Bieri und vormaliger Manager bei der Restaurantkette Tibits: "Gerade bei jungen Leuten gibt es den Trend back to basics, sich aufs Wesentliche zu konzentrieren, ohne sich den Spass verderben zu lassen." Das derzeit superschwache Passagieraufkommen am Flughafen in Kloten macht den Gastro-Profi nicht kirre: "Natürlich sind die Zeiten schwierig, aber genau in solchen Phasen geht oft Neues erfolgreich an den Start. No risk, no fun."

Koller glaubt, dass das Schlafboxen-Hotel nicht nur für Low-Budget-Feriengäste ausgerichtet sei, sondern auch Leuten eine Kurzfrist-Heimat bieten könne, die ein paar Stunden Pause am Flughafen gebrauchen können: "Das Capsule Hotel kann auch als unkomplizierte Übernachtungsmöglichkeit für Umsteigepassagiere dienen." So schätzt es auch Initiant Schiffhauer ein, der das Unternehmen mit den Swiss-made-Schlafboxen als "Tesla unter den Kapselhotels" sieht: "Wer schon einmal länger an einem Flughafen zur Unzeit festgesessen ist, weiss, wie froh man ist, wenn man auch nur für vier oder fünf Stunden oder eine kurze Nacht in einem preiswerten Bett liegen kann."

Auch wenn die Zeiten unsicher sind und es wohl noch eine Zeit lang bleiben: Zum Preis einer Kapselnacht am Flughafen Zürich kann Schiffhauer bereits eine Angabe machen. Man werde mit dynamischen Preisen arbeiten, die grundsätzlich in einem Preisband zwischen 65 und 75 Franken angesiedelt seien.

Andreas Güntert
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