Dieser Beitrag ist Teil des Magazins cash VALUE "Fonds". Das Magazin kann hier als PDF heruntergeladen werden.

Frau Gisin, was bedeutet Ihnen Geld?

Es ist ein Garant für Sicherheit. 

Mehr nicht? 
Ich betreibe eine sehr materialintensive Sportart, der Skizirkus ist die Formel 1 im Schnee. Hinzu kommt, dass die Trainingsmöglichkeiten eingeschränkt sind. Das macht den Skirennsport finanziell äusserst aufwändig. 

Es braucht gewaltige Mittel. 
Grösstenteils kommt die Wirtschaft dafür auf. Es zeigt, dass wir mit dem Skirennsport ein Produkt haben, das auf dem Markt ankommt und einen Wert verkörpert. Toll ist auch, dass ich als Athletin die Möglichkeit habe, meiner Sportart eine neue Ausrichtung zu geben.

Einspruch! Sie sind eine starke Skirennfahrerin – aber Sie sind auch eine junge Frau mit Träumen und Visionen.
Geld hat für mich selber keinen hohen Stellenwert.

Luxus?
Ich geniesse die Privilegien unserer Sponsoren. Es ist wie Weihnachten, wenn mir einmal im Jahr wieder ein neues Auto zur Verfügung gestellt wird. Aktuell ist es ein Audi A3 S-Line. Mir ist bewusst, dass ich als Skirennfahrerin ein bevorzugtes Leben führe. Das ist toll und das ist für mich überhaupt nicht selbstverständlich.  

Und die Welt...
...wird nicht untergehen, wenn das mal nicht mehr so ist. Meine Eltern haben mich ganz typisch «schweizerisch» erzogen, nach dem Motto «Wenn man sich anständig benimmt, wird man auch anständig behandelt».

Was machen Sie mit Ihren Siegesprämien?
Ich lege einiges auf die Seite, damit ich später mein angefangenes Physikstudium abschliessen und es selber finanzieren kann.

Immer so vernünftig?
(schmunzelt) Wenn ich nicht Skiprofi wäre, hätte ich mir die Ausbildung zur PrivatPilotin jetzt wohl nicht leisten können.

Sie gelten als äusserst risikofreudige Athletin. Gehen Sie mit Ihren Finanzen auch so um?
Überhaupt nicht! Ich will nicht Geld mit Geld verdienen. Ich will sicher sein, dass mein Erspartes nach meinem Karrierenende noch da ist. 

Also kein Börsen-Profi?
Ich setze auf die 3. Säule. Und ich habe mir in Engelberg am Sonnenhang eine 3½-Zimmer-Wohnung gekauft (das reicht, ich muss sie ja auch putzen...). Von der Börse verstehe ich zu wenig.

Sind Sie sparsam?
Sehr! Ausser etwas gefällt mir wirklich sehr, sehr gut. Ich bin kein Shopper-Typ. Ich achte aber darauf, Geschenke zu kaufen, die wirklich zu bestimmten Personen passen. Wenn ich unterwegs etwas finde, schlage ich zu und warte bis Weihnachten oder bis zum Geburtstag. Wenn die Qualität stimmt, bin ich bereit, den Preis dafür zu bezahlen.

Wo werden Sie am ehesten schwach?
Wie alle Frauen, bei Schuhen und Jacken.  

Wie wirken sich solche Spontankäufe aufs Portemonnaie aus?
100 bis 200 Franken fehlen dann.

Wofür haben Sie schon überdurchschnittlich viel Geld ausgegeben?
Unvernünftig war ich noch nie. Aber ich komme gar nicht so oft in Versuchung, meine Tage sind mit Trainings, Tests, Reisen und Wettkämpfen ausgefüllt. Meinen Eltern war es wichtig, uns Kindern einen guten Umgang mit Geld beizubringen. Und das ist ihnen bestens gelungen.

Womit haben Sie sich Ihr erstes Sackgeld verdient?
Im Sportgeschäft meiner Eltern. 

Spenden Sie?
Für Projekte, die ich kenne, bei denen ich einen Bezug dazu habe. Auch für regionale Angelegenheiten oder sportliche Angebote, bei denen ich die Verantwortlichen kenne.  

Sind Prämien ein Fluch oder Segen?
Den grössten Druck mache ich mir selbst. Bernhard Russi hat einmal gesagt: Auch viel Geld hat noch nie einen Skifahrer schneller gemacht. Das unterschreibe ich voll. Es ist der sportliche Wettkampf, der Sieg und das wunderbare Gefühl beim Rennen. Geld ist ein schöner Nebeneffekt. 

Und der Druck der Sponsoren?
Unsere Sponsoren sind sehr nah am sportlichen Geschehen. Sie wissen, dass Spitzensport kein Wunschkonzert ist, sondern eine risikobehaftete Investition.

Inzwischen fahren drei Gisins im Weltcup - gibt es da Neid auf Erfolg und Geld?
Überhaupt nicht. Das ist eine geniale Situation mit Michelle und Marc. Es ist ein extremer Vorteil, wenn man sich mit zwei Geschwistern austauschen kann, die einem persönlich sehr nah sind und die erst noch die Besonderheiten des Ski-Weltcups kennen. Mein Bruder ist sehr ehrlich und mit seinen Analysen immer sehr nah bei der Wahrheit.

Spielen Sie Lotto?
Nein! Ich bin kein Glückskind! Ich habe noch nie etwas bei einem Wettbewerb gewonnen. 

Alles hart erarbeitet.
Ja, aber das passt auch. 

 

Wortwechsel

 

Bier oder Cüpli?
Ein gutes Glas Rotwein, am liebsten einen schweren.

Cervelat oder Kaviar?
Älplermagronen.

Rolling Stones oder Beethoven?
Je nach Stimmung. Im Auto höre ich oft SRF 2 – da kann ich am besten vom ganzen Rummel abschalten.

Ikea oder Bauhaus?
Ich habe schon coole Sachen bei Ikea gekauft. Aber meinen Esstisch habe ich in der Klosterschreinerei in Engelberg machen lassen. Es ist ein äusserst massiver Tisch, gefertigt von lokalen Handwerkern.

Charles Vögele oder Versace?
Irgendwo dazwischen! Ich muss ein Kleid ein paar Mal tragen können. Wenn beim fünften Mal die Nähte reissen, regt mich das auf, das ist hinausgeschmissenes Geld. Meine Eltern führen ein Peak-Performance-Geschäft, deshalb bin ich bei der Qualität etwas verwöhnt. Aber Versace muss es nicht gleich sein...

Aldi oder Globus Delicatessa?
Ich bin ein Coop-Kind! Bei Festen darf’s schon auch Globus Delicatessa sein. Wichtig sind mir regionale sowie saisonale Produkte, CH-Fleisch.

Matterhorn oder Saint-Tropez?
Für mich ist Tofino (Vancouver Island) der schönste Ort, den ich je besucht habe. Ich bin ein grosser Kanada-Fan: die Weite, die offenen Leute, die Kälte und das Meer. 

ÖV oder Auto?
Wenn immer das Wetter es zulässt, reise ich an Events mit dem kleinen Flugi an (Piper Cadet) und spare so viel Zeit und auch Treibstoff. In Städten bin ich mit dem ÖV unterwegs - und im Skizirkus mit den Alpenpässen im Auto.