Die Schweiz scheint sich sich mehr und von einem Käufer- zu einem Mietermarkt zu entwickeln. Die Preise für Wohneigentum steigen im Schnitt unvermindert an, während die Mieten immer stärker unter Druck kommen. Hintergrund ist ein zunehmendes Überangebot an Mietliegenschaften, die von Investoren als Renditealternative wegen der anhaltend tiefen Zinsen gebaut wurden. (cash berichtete).

Betrug die durchschnittliche Quadratmetermiete einer ausgeschriebenen Schweizer Wohnung im Mai 2016 rund 265 Franken pro Jahr, waren es zuletzt nur noch 261 Franken. Laut Martin Waeber, Direktor der Online-Plattform Immoscout24, wird sich dieser Trend in den kommenden Monaten fortsetzen. "Die Leerstände steigen, und in der Folge kommen die Mieten weiter unter Druck", sagt er im cash-Talk.

Während die Mieten sinken, erkennt Waeber beim anhaltenden Bau von Mietobjekten in der Schweiz noch keine Blase, wie sie vielerorts prognostiziert wird. "Wir sehen eine Situation, die langsam aus der Balance gerät. Aber eine Blase ist das nicht", sagt er.

Ein Ziel, verschiedene Möglichkeiten

Nach Jahren von steigenden Mieten haben Mieter die Möglichkeit, das aktuelle Umfeld zu ihren Gunsten zu nutzen. Wenn sie flexibel sind, können sie Regionen in Betracht ziehen, wo die Leerstände besonders hoch sind und wo die Verwaltungen von sich aus Reduktionen gewähren. "Eine Verwaltung möchte den Mietzins möglichst lange hoch halten. Erst wenn eine Wohnung längere Zeit leer steht, wird die Miete gesenkt", so Waeber.

Das grösste Angebot an Mietwohnungen findet man derzeit in den Kantonen Wallis, Freiburg, Schaffhausen, Solothurn, Jura und Aargau, wie Zahlen von Wüest Partner zeigen. In diesen Regionen dürfte die Zahl proaktiv handelnder Verwaltungen in Zukunft zunehmen.

Oder aber man ficht einen Anfangsmietzins an. Das ist dann möglich, wenn die Miete mehr als 10 Prozent höher ist als beim Vormieter, ohne dass die Wohnung saniert worden ist. In einigen Kantonen sind die Vermieter sogar verpflichtet, den zuvor geltenden Mietzins bekanntzugeben.

"Nach der Schlüsselübergabe hat man 30 Tage Zeit, den Mietzins anzufechten", sagt Immobilien-Experte Waeber im cash-Talk. Dabei wendet man sich an die Schlichtungsbehörde. Entsprechende Formulare und Musterbriefe gibt es auf der Homepage des Mieterverbands.

Referenzzins im Fokus

Alle Mieter haben überdies ein zusätzliches Mittel zur Mietzinsreduktion: Eine weitere mögliche Senkung des Referenzzinssatzes. Das könnte bald eintreffen, denn gemeinhin wird erwartet, dass der Bund am 1. Juni diesen für die Mietgestaltung massgeblichen Leitzins von 1,75 auf 1,5 Prozent senkt. Der folgende Chart zeigt, wie der Referenzzins in den letzten Jahren laufend gesenkt wurde.

Quelle: moneypark.ch

Der Referenzzins orientiert sich am Durchschnitt aller Hypotheken in der Schweiz: Sinkt der Zins, haben die Mieter in der Regel Anrecht auf eine Mietzinsreduktion. Steigt er, haben die Vermieter umgekehrt Grund, die Mieten zu erhöhen. Ebenfalls wichtig: Es könnte eine der letzten Gelegenheiten für eine Mietzinsreduktion sein, weil von zukünftig steigenden Zinsen ausgegangen wird.

"Wenn der Mietvertrag auf einen höheren Referenzzins lautet, stehen die Chancen auf eine Mietreduktion gut", sagt Waeber. So läuft das Prozedere ab: Besteht ein Senkungsanspruch, muss dieser schriftlich bei der Verwaltung eingefordert werden. Ein solcher tritt ab dem nächsten Kündigungstermin in Kraft, muss also vorher bei der Verwaltung eintreffen. Weitere Informationen dazu findet man auch auf den entsprechenden Websites des Bundes und des Mieterverbandes.

Die Mieten müssten viel tiefer sein

Wie zurückhaltend die Vermieter meistens bei der Gewährung von Mietzinssenkungen sind, zeigt eine Berechnung der Bank Raiffeisen. Derzufolge müssten die Bestandesmieten in der Schweiz heute eigentlich bis zu 40 Prozent tiefer liegen. Vorausgesetzt, die gesetzlich vorgesehenen Mietreduktionen der vergangenen Jahre wären tatsächlich weitergegeben worden.

Unabhängig von Mietzinsreduktionen und hat Martin Waeber noch ein paar Ratschläge parat für all jene, die auf Wohnungssuche sind: Fast schon Pflicht ist ein Bewerbungsschreiben mit einem persönlichen Brief und den Beweggründen für die Bewerbung. Bei der Besichtigung empfiehlt es sich zudem, einen guten Draht zum Vermieter zu finden. Schliesslich rät er auch, nach ein paar Tagen bei der Verwaltung nachzuhaken, ohne dabei penetrant zu wirken.

Im cash-Talk sagt Martin Waeber zudem, was das aktuelle Preisumfeld für Vermieter bedeutet und was sie bei Verstössen gegen die Hausordnung unternehmen können.