Schon seit Wochen herrscht in und um Wolfsburg der Ausnahmezustand. Mit dem Automobilhersteller Volkswagen (VW) verstrickt sich der wichtigste Arbeitgeber der Region immer tiefer in den Skandal rund um die Manipulation von Ausstosswerten, in den Medien gerne auch auch als "Dieselgate" benannt.

Ist der Ruf erst einmal ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert? Ganz so einfach ist das aus Sicht eines führenden Automobilherstellers nicht. Denn die Reputation entscheidet doch über das Markenimage und damit über den kommerziellen Erfolg oder Misserfolg, vor allem in sicherheitsrelevanten Bereichen wie der Automobilindustrie.

Die Anleger kannten bezüglich VW kein Pardon. Im Zuge des Skandals tauchte die VW-Aktie Mitte September innerhalb weniger Tage um nahezu 50 Prozent auf 86,46 Euro.

Das schnelle Geld ist gemacht

Wer damals den Mut hatte einzusteigen, der wurde für diesen fürstlich entlohnt. Nach einer mehrmonatigen Berg- und Talfahrt werden mittlerweile wieder Kurse von über 120 Euro bezahlt. Und das, obschon nahezu täglich wieder neue Hiobsbotschaften aus Übersee eintreffen.

Erst vor wenigen Tagen wurde VW von den Behörden des US-Bundesstaates Kalifornien darüber in Kenntnis gesetzt, dass auch zahlreiche Dieselfahrzeuge der Luxusmarken Audi und Porsche betroffen seien. Der führende deutsche Automobilhersteller muss den Behörden nun innerhalb von 45 Tagen Pläne für einen Rückruf einreichen.

Allerdings haben Meldungen wie die vorliegende kaum noch Auswirkungen auf die Kursentwicklung der VW-Aktie. Die Probleme und ihre milliardenschweren Folgen für das Unternehmen scheinen mittlerweile eingepreist.

Schweizer Grossbanken sind sich uneins

Die zwei Schweizer Grossbanken haben unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die VW-Aktie ein Kauf sei. Bei der Credit Suisse wird sie mit "Underperform" und einem Kursziel von 111 Euro quasi zum Verkauf empfohlen. Die Ungewissheit sei weiterhin gross und das finanzielle Ausmass für den Automobilhersteller noch nicht absehbar, so lautet die Begründung.

Mutiger ist da schon der für die UBS Investmentbank tätige Berufskollege des Analysten. Seinen Berechnungen zufolge nimmt der aktuelle Aktienkurs Kosten im Umfang von 60 Milliarden Euro vorweg. Der Experte hält das für übertrieben und rechnet selber mit Kosten von rund 34 Milliarden Euro.

Darüber hinaus sieht er das Unternehmen umfangreiche Restrukturierungsmassnahmen einleiten. Auch davon erhofft man sich bei der grösseren der beiden Schweizer Grossbanken positive Auswirkungen auf die zukünftige Kursentwicklung. Deshalb wird die Aktie mit einem 160 Euro lautenden 12-Monats-Kursziel zum Kauf empfohlen.

Fakt ist: Das schnelle Geld ist bei dieser Aktie gemacht. Wenn VW die Krise meistert, sind wie von der UBS Investmentbank erwartet höhere Kurse möglich. Immerhin errechnet sich beim freien Cash Flow auf bereinigter Basis eine jährliche Rendite von gut 10 Prozent. Davon lässt sich nur träumen. Die milliardenschweren Kosten, welche auf das Unternehmen zukommen, werden den Anlegern jedoch Geduld und gute Nerven abverlangen.