Den Facebook-Aktionären der ersten Stunde dürfte die holprige Publikumsöffnung noch immer tief in den Knochen stecken. Denn diese ist weder für das Unternehmen noch für die mit der Publikumsöffnung betrauten Banken ein Ruhmesblatt.

Nachdem die Aktie Mitte Mai 2012 zu 38 Dollar an die Börse gebracht worden war, halbierte sie sich innerhalb nur weniger Wochen auf 19 Dollar.

Seither ist das "hässliche Entlein" allerdings zum stolzen Schwan herangewachsen. Die Aktie wird mittlerweile bei 78 Dollar gehandelt. Mit einem Börsenwert von 218 Milliarden Dollar bringt das soziale Netzwerk mehr Gewicht auf die Waage als die Traditionsunternehmen General Motors, McDonald‘s und Caterpillar zusammen.

Geburtsstunde eines neuen Mediengiganten

Bei Stifel, Nicolas & Co sagt man der Facebook-Aktie eine vielversprechende Zukunft vorher. In einem Kommentar im Anschluss an die Quartalergebnisveröffentlichung vom Mittwoch bekräftigt der für den bekannten amerikanischen Broker tätige Verfasser seine Kaufempfehlung und erhöht das Kursziel auf 97 (94) Dollar. Davon abgeleitet errechnet sich ein Aufwärtspotenzial von knapp 25 Prozent. Kein anderer Berufskollege ist auch nur annähernd derart optimistisch gestimmt.

Dem Unternehmen seien im zurückliegenden Quartal weitere Fortschritte bei der Benutzerbasis und bei der Kommerzialisierung der Dienstleistungen gelungen. Gerade bei der Einführung von videobasierter Werbung werde 2015 zu einem Schlüsseljahr. Für den Verfasser des Kommentars steht fest: Facebook hat das Zeug, zu einem neuen Mediengiganten im Onlinebereich aufzusteigen.

Buchführungspraktiken werfen Fragen auf

Dem Analysten zufolge wird die Aktie derzeit mit dem 28-fachen für das kommende Jahr geschätzten Gewinn bewertet. Er hält jedoch eine höhere Bewertung von bis zum 36-fachen nächstjährigen Gewinn für gerechtfertigt.

Für Gesprächsstoff sorgen in jüngster Zeit die Buchführungspraktiken von Facebook. Schon seit gut zwei Jahren klafft eine riesige Lücke zwischen der operativen Marge nach GAAP-Vorschriften und der effektiv vom sozialen Netzwerk ausgewiesenen Marge. So gross wie im Schlussquartal vergangenen Jahres war die Lücke noch nie: Ausgewiesen wurde eine operative Marge von 58 Prozent, gegenüber 29 Prozent nach GAAP.

Google ein eher abschreckendes Beispiel

Einige Analysten sind deshalb besorgt, dass die von Facebook rapportierten Ergebnisse ein zu prächtiges Bild der aktuellen Ertragssituation zeigen.

Wie schnell ein Börsenliebling wie Facebook an den Märkten in Ungnade fallen kann, zeigt das Beispiel des Internetkonzerns Google. Im vergangenen Frühjahr kletterte die Aktie des bekannten Unternehmens auf den höchsten Stand in der Firmengeschichte. Nur wenige Wochen später sorgte ein unter den hohen Erwartungen liegendes Quartalsergebnis für einen Rückschlag. Seither hat Google nicht wieder an die Erfolge vergangener Tage anknüpfen können. Stummer Zeuge ist auch die seither enttäuschende Kursentwicklung.

Anleger sollten sich bei einem Engagement in die Facebook-Aktie mit den Risiken auseinandersetzen. Die Bewertung solcher Wachstumsaktien ist stolz und die Möglichkeit von Enttäuschungen aufgrund der hohen Erwartungshaltung der Analysten gross. Ausserdem ist der Internetsektor sehr schnellebig. Firmen, welche wichtige Trends verpassen, sind quasi über Nacht weg vom Fenster. In kaum einer anderen Branche liegen Erfolg und Verderben so nahe beieinander.