Die Konsumentenpreise kletterten im April um 4,2 Prozent zum Vorjahresmonat, wie das Arbeitsministerium in Washington am Mittwoch mitteilte. Von Reuters befragte Experten hatten lediglich 3,6 Prozent auf dem Zettel, nach 2,6 Prozent im März. Die Furcht vor einer höheren Inflation lastet seit Tagen auf den Aktienmärkten. Dax und Dow Jones rutschten als Reaktion auf die Zahlen kurzzeitig ins Minus.

"Diese Zahlen bestätigen die Furcht des Marktes, dass die Inflation ausser Kontrolle gerät", sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses Avatrade. "Die Anleger wollen, dass die Fed dies einräumt." Die US-Notenbank unterstützt die von der Corona-Krise getroffene Wirtschaft mit monatlichen Geldspritzen von 120 Milliarden Dollar. Sie will daran so lange festhalten, bis substanzielle Fortschritte bei der Preisstabilität und der Arbeitslosigkeit erreicht sind. Die anziehende Inflation sieht sie als vorübergehendes Phänomen, das derzeit keinen Kurswechsel in der Geldpolitik nötig mache, die wohl noch auf Jahre hinaus auf Niedrigzins ausgerichtet bleibe.

Doch die Wirtschaft ist mittlerweile wieder in Schwung gekommen. Zu dem kräftigen Aufschwung soll auch das 1,9 Billionen Dollar schwere Konjunkturpaket der Regierung von US-Präsident Joe Biden beitragen. Im Rahmen des Programms haben bereits Millionen Amerikaner Barschecks vom Staat erhalten, was dem Konsum Auftrieb geben dürfte.

Fed ist überrascht von der Stärke des Preisschubs

In einer ersten Reaktion zeigte sich Fed-Vizechef Richard Clarida überrascht von der Stärke des Preisschubs im April. Doch sei der Zeitpunkt für die Fed noch nicht gekommen, der Wirtschaft die Unterstützung zu entziehen. Es gelte nun "umsichtig und angemessen" weitere Daten zu sammeln, bevor eine Entscheidung in diese Richtung getroffen werde.

Die einflussreiche Fed-Direktorin Lael Brainard sagte kürzlich, dass die von der Pandemie ausgelösten vorübergehenden Preiserhöhungen die Inflationsdynamik nicht dauerhaft veränderten. Sollte sich die Inflationsentwicklung jedoch nicht als temporär erweisen, habe die Fed die erforderlichen Instrumente. Daran sollte niemand Zweifel haben.

Experten halten es für möglich, dass die Inflationsrate in den kommenden Monaten weiter erhöht bleibt. Ein Grund dafür ist ein statistischer Effekt: Vor einem Jahr lagen die Preise wegen des Corona-bedingten Konjunktureinbruchs niedrig. Helaba-Experte Ralf Umlauf äußerte, mittel- und langfristig stelle sich die Frage, ob der kombinierte geld- und fiskalpolitische Impuls in den USA ohne nachhaltige Folgen für die Preisentwicklung bleiben werde.

Finanzmärkten mit temporären Rücksetzern

Im Sog der Kursverluste bei US-Staatsanleihen nach den Preisdaten trennten sich Investoren auch von anderen Staatsanleihen. Wegen der von den Inflationsdaten angefachten Spekulationen auf vorzeitige Zinserhöhungen in den USA rentieren die T-Bonds bei plus 1,656 Prozent. Dass die niedrigen Zinsen in den USA nicht in Stein gemeisselt sind, machte jüngst US-Finanzministerin Janet Yellen deutlich. Die Ex-Fed-Chefin hält es für möglich, dass der geldpolitische Schlüsselsatz moderat angehoben wird, sollte die Wirtschaft durch die Schubkraft der Billionen-Hilfen von Staat und Notenbank Überhitzungstendenzen zeigen.

Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust, erwartet, dass an den Finanzmärkten "mit temporären Rücksetzern" zu rechnen ist, wenn die Diskussion über eine Rückführung der Anleihekaufprogramme der Zentralbanken Fahrt aufnehme. "Schon im Juni dürfte dies auf der Tagesordnung der amerikanischen Fed und der EZB stehen." Dabei würden die Zentralbanken wohl ihre bisherige Position bekräftigen, dass die hohen Preisniveausteigerungen vorübergehend seien und keinen grundlegenden Kurswechsel nötig machten. "Aber auch Hinweise auf leichte Korrekturen könnten Marktteilnehmer verunsichern", fügte Heise hinzu.

(Reuters)