Wer eine Schweizer Poststelle aufsucht, kennt das Bild: Stapel von weiss-orangen Paketen prägen die Filialen. Sie stammen vom Onlinehändler Zalando, der in den letzten Jahren zum führenden digitalen Kleiderladen der Schweiz aufgestiegen ist (siehe Grafik weiter unten). Die Zalando-Stapel bei der Post stehen für den Trend, dass immer weniger in stationären Läden eingekauft und immer mehr im Internet geshoppt wird.

Dabei ist das deutsche Unternehmen Zalando nicht einmal der stärkste Player im Schweizer Onlinemarkt. Digitec und Galaxus, die beide zu 70 Prozent der Migros gehören, erwirtschaften zusammen einen Umsatz von mehr als 800 Millionen Franken – zalando.ch kommt alleine auf knapp 700 Millionen. Das ist bereits ein deutliches Plus gegenüber dem beliebtesten Einkaufszentrum (Glatt: 600 Millionen Umsatz).

Die Grafik stammt aus dem neusten Immo-Monitoring der Immobilienberatung Wüest Partner. Die Studie macht das wachsende Onlineshopping als Hauptursache für die Krise des herkömmlichen Detailhandels verantwortlich. In einigen Schweizer Geschäften sei es seit 2010 zu Umsatzeinbussen von 30 Prozent und mehr gekommen. Besonders betroffen sind Läden, die Spielwaren, Games, Bücher oder Musik verkaufen.

Die zehn grössten Onlineplattformen der Schweiz erwirtschafteten 2017 einen Umsatz von mehr als 3,5 Milliarden Franken, wie Berechnungen der Unternehmensberatung Carpathia zeigen – Tendenz steigend. Darunter befinden sich auch Plattformen wie Amazon, das chinesische Aliexpress oder die Onlineshops der Detailhändler Migros und Coop.

Gleichzeitig sind die Verkäufe in den grossen Shopping-Centern seit 2014 rückläufig. Wie auf der folgenden Grafik sichtbar, sind die zehn umsatzstärksten Shopping-Center – darunter Glatt, Shoppi Tivoli oder Centre Balevert – deutlich hinter die Onlineshops zurückgefallen.

Diese Zeitenwende im Einkaufsverhalten von Schweizerinnen und Schweizern hat auch Folgen für den Immobilienmarkt. "Kein anderes Immobiliensegment ist zurzeit einem derart anspruchsvollen Strukturwandel ausgesetzt wie das der Verkaufsflächen", schreibt Wüest Partner in der neuen Studie. Die sinkenden Umsätze drückten unter anderem auf die Tragbarkeit der aktuellen Ladenmieten.

Das hat Auswirkungen auf die Ladenmieten. Wie Wüest Partner ausführt, sind die Angebotsmieten für Verkaufsflächen seit dem temporären Hoch 2013 um fast 9 Prozent gesunken. Eine Trendwende sei nicht absehbar, lediglich Lagen mit hoher Passantenfrequenz seien von dieser Entwicklung noch nicht betroffen.

Amazon zum Zweiten

Gut zu sehen ist der Strukturwandel auch am sogenannten "Lädelisterben". Laufend müssen alteingesessene Läden ihre Geschäfte an teuren Lagen aufgeben. Neben leeren Verkaufsflächen führt das auch zu einer sichtbaren Zunahme internationaler Geschäftsketten in Schweizer Innenstädten.

Aber auch Zara, H&M und Co. werden in Zukunft gegen die Onlineshops einen schweren Stand haben. Der weltweit grösste Onlinehändler Amazon zum Beispiel steht in der Schweiz erst auf Rang drei. Das ist im Ausland ganz anders. In Deutschland macht Zalando als Nummer drei bloss 15 Prozent der Umsätze, die Amazon als Spitzenreiter macht.

Die Dominanz von Amazon wird auch in der Schweiz noch zunehmen. Das US-Unternehmen steht kurz vor einem "zweiten" Markteintritt, indem die Verzollungen und die Rücksendungen vereinfacht werden. Entsprechende Vereinbarungen mit der Schweizer Post sind bereits unterzeichnet worden. Gerade ein Schweizer Beispiel zeigt aber, dass auch Onlineshops kein Selbstläufer sind. Im April wurde bekannt, dass Coop den einst zusammen mit der Swisscom lancierten Online-Marktplatz Siroop einstellt.