Die Finanzmarktturbulenzen, die die Pandemie und die drastischen Massnahmen zu ihrer Eindämmung ausgelöst haben, zementieren die Dominanz des Dollar und seine Bedeutung für Handel, Investitionen, Kreditaufnahme und Zentralbankreserven. "Der Dollar bekommt Aufwind als die Reservewährung der Welt", bringt es Joachim Fels, Berater bei der weltweit grössten Fondsgesellschaft Pimco, auf den Punkt. Der Euro dagegen werde durch die heftigen Streitereien in Europa über die Aufteilung der Lasten weiter geschwächt. Schlimmer noch: "Die Krise hat erneut gezeigt, dass der Euro möglicherweise nicht auf ewig da sein wird."

Schon in den vergangenen Jahren hat der Euro zum Dollar an Boden verloren. Nach Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) liegt sein Anteil an den Zentralbankreserven derzeit bei etwa 20 Prozent, 2010 waren es noch fast 26 Prozent gewesen. Der Dollar kommt im Gegenzug derzeit auf 61 Prozent. Ähnlich sieht es bei der weltweiten Kreditaufnahme aus: Hier sank der Anteil des Euro nach Daten des Zahlungssystems SWIFT, mit dem Banken internationale Zahlungen abwickeln, seit 2012 um fast zehn Prozentpunkte auf 31 Prozent. Der Dollar konnte in der gleichen Zeit seine Position um 14 Prozentpunkte auf 44 Prozent ausbauen.

Nochmal verschärft hat sich die Lage im März, als Panik an den Finanzmärkten ausbrach. Unternehmen rissen sich um die US-Währung, um ihre Rechnungen zu bezahlen, Schulden zu begleichen oder einfach nur eine Notreserve aufzubauen. Binnen zehn Tagen gewann der Dollar so acht Prozent an Wert. Es sei ein Beweis dafür gewesen, dass in Krisen Zugang zu Dollar zähle, sagte Brad Setser, Experte für internationale Wirtschaft bei der US-Denkfabrik Council on Foreign Relations, und deswegen "werden Notenbanken vorwegnehmen, dass sie in Zukunft Dollar halten müssen".

Die US-Notenbank Fed musste eingreifen

Um die Lage zu beruhigen, ging die Fed in die Vollen: Sie aktivierte Devisentausch-Linien mit anderen Notenbanken im Volumen von mehreren Hundert Milliarden Dollar, um die Versorgung mit Dollar zu gewährleisten. Andere Länder, die auf Notfallunterstützung angewiesen waren, konnten sich Dollar leihen, wenn sie US-Staatsanleihen als Sicherheit hinterlegen konnten.

Elina Ribakova, Vize-Chefvolkswirtin beim Bankenverband Institute of International Finance sprach im Vergleich dazu von einer "furchtsamen" EZB. "Wenn man sich ansieht, was 2008 passiert ist und was jetzt vorgeht, hat die Fed gewaltige Fortschritte dabei gemacht, ihre Rolle als Kreditgeber letzter Instanz einzunehmen." Die EZB habe in den vergangenen Monaten Devisentausch-Linien mit Bulgarien und Kroatien aufgebaut, aber es gebe keine vergleichbaren Diskussionen darüber, was zu tun sei, wenn die Versorgung mit Euro austrockne. "Man muss mehr Eigeninitiative zeigen, wenn man die Position des Dollar angreifen will."

Gemeinsame Eurobonds als Lösung?

Doch die Corona-Krise birgt auch eine Chance, eine der Schwächen der europäischen Gemeinschaftswährung anzugehen: Der Mangel an als sicher bewerteten europäischen Anleihen. Zentralbanken halten ihre Devisenreserven üblicherweise in der Form von Staatsanleihen. US-Papiere gelten dabei als sichere Bank. Insgesamt sind Treasuries mit einem Spitzenrating im Volumen von mehr als 17 Billionen US-Dollar im Umlauf. Deutsche, französische und italienische Papiere kommen zusammen nur auf weniger als die Hälfte, und nur Deutschland verfügt über die Spitzennote AAA. Selbst wenn nun die Kreditaufnahme wegen der Corona-Krise ausgeweitet wird, kommt der gesamte Bestand deutscher Anleihen nicht auch nur in die Nähe der US-Titel.

Die deutsch-französischen Pläne für einen gemeinsam finanzierten europäischen Wiederaufbaufonds könnten jedoch der Grundstein für gemeinsame Eurobonds sein, die den Managern der Devisenreserve eine echte risikolose Alternative zu den US-Papiere liefern könnten. Käufer stehen schon in den Startlöchern, wie die russische Zentralbank, die nach den US-Sanktionen 2014 ihre Bestände an US-Papieren reduziert hat, oder der russische Ölkonzern Rosneft, der seine Exporte in Euro abwickelt. Auch in China könnte der Appetit auf Euro angesichts des Konflikts mit den USA wachsen. "Ich würde die Europäer noch nicht ganz abschrieben", sagte Barry Eichengreen, Wirtschaftsprofessor an der Universität von Kalifornien in Berkeley. "Ich zitiere den Vater der europäischen Integration, Jean Monnet: Europa wird in Krisen geschmiedet."

(Reuters)