Ihr Wort hat Gewicht: Wenn Janet Yellen heute Mittwoch 16 Uhr europäischer Zeit ihre Analyse der US-Wirtschaft vor dem Senat darlegt, hat sie das Zeug, den Kurs der Finanzmärkte stark zu beeinflussen. 

Jede von Yellens Aussagen wird auf die Goldwaage gelegt werden. Wie stark schätzt Yellen die US-Wirtschaft ein, in der die Jobzahlen zuletzt relativ stabil zugelegt haben? Was sagt sie zum unguten Vorzeichen, dass die US-Obligationenrenditen gefallen sind? Die einflussreichste Notenbankchefin der Welt könnte sich auch dazu äussern, dass in den USA und anderswo namentlich Finanzaktien deutlich gefallen sind, und was dies noch für Auswirkungen für die Realwirtschaft haben könnte. Die Fed ist dafür bekannt, dass sie ihre Entscheide und Aussagen jeweils mit besonderer Berücksichtigung der Börsenlage fällt.

Eine der radikalsten Aussagen wäre indessen, wenn Yellen eine Rücknahme der Zinserhöhung signalisieren würde, welche die Fed erst im Dezember vorgenommen hatte. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber trotz Anzeichen, dass die amerikanischen und übrigen Aktienmärkte in den Bären-Modus kippen, relativ klein.

Ein Hinweis genügt

Allerdings würde schon ein Hinweis, dass die Zinserhöhungen langsamer erfolgen würden, die Märkte in Aufregung versetzen. Offiziell hatte die Fed schon lange vor dem Dezember-Zinsschritt von einer langsamen, graduellen Anhebung der Zinsen gesprochen: Vor knapp zwei Monaten erfolgte ein Schritt von 0 auf 0,25 Prozent. Würde Yellen den nächsten Zinsschritt auf eine unbestimmte Zeit ansetzen, oder andeuten, dass gar kein solcher geplant sei, wäre das ein Signal für eine Rally an den Aktienmärkten, wenn allenfalls nur eine kurze?

Die europäischen Börsen hegen bereits Hoffnungen für eine Wende, sie steigen am Mittwoch im frühen Handel auf breiter Front. So legt der Swiss Market Index um 1,3 Prozent zu.

Yellens Kollege von der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, hatte Mitte Januar eine Hoffnungsrally ausgelöst. Wegen der tiefen Inflation hatte der oberste Euro-Notenbanker weitere geldpolitische Massnahmen in Aussicht gestellt. Allein die Aussicht auf noch mehr billiges Geld beflügelte die Kurse für einen Moment, allerdings nicht sehr lange: Der deutsche Leitindex Dax steht nun 27 Prozent tiefer als im letzten Mai und hat gerade in den vergangenen Tagen noch einmal stark nachgelassen.

Die Kritik an Draghi auf seine Januar-Aussagen kam prompt: Die EZB, die in den vergangenen Jahren schon viel Pulver im Kampf gegen neue weltwirtschaftliche Krisen verschossen hat, läuft Gefahr, mehr und mehr Erwartungen zu wecken, die sie nicht mehr erfüllen kann. Diesen Umstand wird auch Janet Yellen im Hinterkopf haben, wenn sie am Mittwochnachmittag die US-Wirtschaft beurteilt. Denn die Notenbank könnte auch der Meinung sein, mit ihrer ultraexpansiven Geldpolitik in den letzten Jahre schon genug getan zu haben für Konjunktur und Börsenaufschwung.