Wegen «gravierender Verluste» bei der Solarmodulfertigung in Europa will Meyer Burger das erst drei Jahre alte Werk im ostdeutschen Freiberg bereits wieder dichtmachen, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte. Aufgrund chinesischer Dumping-Importe seien die Preise für Solarmodule in den Keller gerauscht und das Werk könne daher nicht mehr profitabel betrieben werden.

Meyer Burger beklagt sich auch darüber, dass die EU die Solarbranche nicht genügend gegen die hoch subventionierten chinesischen Konkurrenten schütze. Mit diesen ungleich langen Spiessen sei «kein fairer Wettbewerb» mehr möglich und ein Rückzug die logische Konsequenz.

Die Schwierigkeiten schlugen sich auch im operativen Ergebnis für das zurückliegende Geschäftsjahr 2023 nieder. Der Betriebsverlust vor Abschreibungen und Amortisationen (EBITDA) wird bei mindestens 126 Millionen Franken erwartet, dies bei einem Umsatz von lediglich 135 Millionen.

Entscheidung in zweiter Februarhälfte

Bereits Anfang April sollen die Lichter in Freiberg ausgehen. Einen Hoffnungsschimmer gibt es jedoch noch für die rund 500 Angestellten und den Solarstandort Europa. Die finale Entscheidung für die Schliessung wolle Meyer Burger erst in der zweiten Februarhälfte fällen. Sollten sich bis dahin substanzielle Verbesserungen der Rahmenbedingungen abzeichnen, könnte die Entscheidung noch zurückgenommen werden.

In diesen Zeitraum fallen auch noch zwei wichtige politische Entscheide in Deutschland. Neben dem Bundeshaushalt soll auch das «Solarpaket» zum Ausbau der Solarenergie im deutschen Bundestag verabschiedet werden.

Ein Sprecher des deutschen Wirtschaftsministers Robert Habeck erklärte angesichts der drohenden Werksschliessung, dass die Bundesregierung sich in Gesprächen mit Meyer Burger befinde. Das Ministerium sei sich der schwierigen Lage dieses Unternehmens und der Solarindustrie in Deutschland sehr bewusst, sagte er. Über Details der Gespräche könne er aber keine Auskunft geben. Allgemein gelte, dass die Bundesregierung die Solarindustrie in Deutschland und Europa stützen wolle.

Meyer-Burger-Chef Gunter Erfurt wollte sich jedoch nicht an Spekulationen über die möglichen Ergebnisse der politischen Diskussionen beteiligen. Unter den aktuellen Voraussetzungen sei die Schliessung unumgänglich, betonte er.

Rettungsanker USA

Da die Rahmenbedingungen in Europa für Meyer Burger offensichtlich nicht stimmen, will der Konzern in Zukunft alles auf die Karte USA setzen. Hier sei die Industrie deutlich besser gegen das Dumping aus China geschützt. Auch gebe es mehr Förderung von staatlicher Seite.

Die Investitionen in den USA hat Meyer Burger schon vor einigen Jahren aufgegleist. So soll die Produktion am neuen Werk in Goodyear im US-Bundesstaat Arizona wie geplant im zweiten Quartal 2024 anlaufen. Ende 2024 ist dann auch der Produktionsstart am Solarzellwerk in Colorado Springs geplant.

Die Wachstumsaussichten in den USA seien nach wie vor intakt bzw. hätten sich sogar weiter aufgehellt, hob CEO Erfurt hervor. Die Bücher des Unternehmen seinen gut gefüllt und teilweise gingen die Bestellungen bis ins Jahr 2030 hinein.

Aktien brechen ein

Trotz des Hoffnungsschimmers in den USA kam die Nachricht an den Börsen nicht gut an. Die ohnehin zuletzt schon stark gebeutelten Aktien brachen nach der Ankündigung regelrecht ein. Bei Analysten war sogar von der Möglichkeit eines Totalausfalls die Rede.

Für den Ausbau der weiteren Aktivitäten braucht das Unternehmen nämlich auch mehr Geld. Aktuell schätzt das Management den Kapitalbedarf auf rund 450 Millionen Franken. Neben Krediten steht auch eine Kapitalerhöhung im Raum, was die Aktien zusätzlich belastet.

Eine Dreiviertelstunde vor Börsenschluss stehen die Papiere rund 30 Prozent im Minus bei nur noch gut 9 Rappen. Seit Jahresbeginn haben sie sich damit mehr als halbiert. Vor einem halben Jahr kosteten die Titel sogar noch mehr als 60 Rappen.

(AWP)