Netflix und Peloton, zwei der bekanntesten Börsenstars der Lockdown-Ära verloren am Donnerstag deutlich. Peloton im regulären Handel 24 Prozent, Netflix nachbörslich um 20 Prozent. Wenn sich die Verluste bei Netflix am Freitag bewahrheiten, wäre es der grösste Tages-Einbruch der Aktie seit fast einem Jahrzehnt. Und es ist das jüngste Zeichen dafür, dass sich Investoren vom sogenannten "Pandemic Trade" verabschieden. 

So rechnet Netflix neu damit, nur 2,5 Millionen zusätzliche Nutzer im laufenden Quartal hinzuzugewinnen. Damit liegt die Prognose weit unter den Schätzungen der Analysten. Peloton senkt derweil die Kosten, um mit der Nachfrage-Verlangsamung fertig zu werden. Zudem stellt man die Produktion für einen Teil seiner Produkte für zwei Monate ein – aufgrund mangelnder Nachfrage. Alles Anzeichen, dass der Nachfrageboom bei  "Stay At Home"-Unternehmen der Vergangenheit angehört. Das wird an der Börse brutal eingepreist.

Die Börsenlieblinge des Jahres 2020 sinken auf ein Level, das letztmals in den frühen Tagen des Covid-19-Ausbruchs gesehen wurde. Zur Erinnerung: Im ersten Coronajahr stürzten sich Investoren wegen den Lockdowns und der expansiven Geldpolitik der US-Notenbank Fed auf Aktien wie Netflix oder Peloton.

Im Gegensatz zu Peloton, das bereits Anfang 2021 zu rutschen begann, fiel Netflix aber in einer bemerkenswert kurzen Zeitspanne bei den Investoren in Ungnade. Der Streaming-Gigant wurde noch vor nur zwei Monaten auf einem Rekordhoch gehandelt.

Auch Zoom, Docusign, Moderna oder Biontech verlieren

Andere in den Anfängen der Pandemie hochgeschossene Titel sacken ebenso drastisch ab. Zoom, der Anbieter der allgegenwärtigen Videokonferenzsoftware, ist auf dem niedrigsten Stand seit Mai 2020. Ebenso das Softwareunternehmen DocuSign, das anderen Unternehmen die Möglichkeit bietet, Verträge digital bereitzustellen. Beide Aktien haben gegenüber den Rekordhöhen mehr als die Hälfte verloren.

Auch traditionelle Medienunternehmen, die sich in den Streaming-Bereich vorgewagt haben, erlitten im nachbörslichen Handel am Donnerstag einen Nackenschlag. Dazu gehören Walt Disney (-3 Prozent) und ViacomCBS (-2 Prozent).

Drastisch sind die Verluste auch bei den Biotechunternehmen Moderna und Biontech mit minus 34 und minus 39 Prozent seit Jahresbeginn. An der Börse wird eingepreist, dass die Nachfrage nach Impfstoffen in der Zukunft geringer sein wird als zunächst erwartet. Zudem wurde erst diese Woche bekannt, dass eine 4. Impfung mit Biontech keinen wirklichen zusätzlichen Nutzen gegen Omikron bietet.

Ausmass der Wachstumsverlangsamung überraschend

Alle Marktteilnehmer erwarteten, dass Unternehmen wie Peloton oder Netflix unter einer Wachstumsverlangsamung nach der Pandemie leiden würden. Aber das Ausmass ist überraschend. Peloton senkte seine Prognose für 2022 um etwa 1 Milliarde Dollar. Zudem wird das Unternehmen Berichten zufolge die Produktion von Fahrrädern und Laufbändern vorübergehend einstellen, um mit dem Einbruch fertig zu werden.

"Wir dachten, es könnte eine weichere Landung in Bezug auf die Post-Covid-Nachfrage geben",sagte Paul Golding, Analyst bei Macquarie Kapital, in einer Notiz. "Die Nachrichten machen diese Hoffnungen zum Teil zunichte."

Die Ironie des Zusammenbruchs der Pandemie-Favoriten ist, dass die Corona-Pandemie mit der hochansteckenden Omikron-Variante noch in vollem Gange ist. Dem steht aber entgegen, dass der Übergang zu einer Endemie greifbar nah scheint. Dies scheint die Börse derzeit einzupreisen.

Denn das Geld, das aus den Pandemie-Aktien fliesst, geht in Sektoren, die unter der Pandemie am stärksten gelitten haben. Beispielsweise in Energieaktien, die im S&P 500 in seit Jahresbeginn mit Plus 15 Prozent am meisten zulegen konnten.

Schlechte Vorboten für Microsoft oder Apple?

Die grosse Frage für Anlegerinnen und Anleger ist, was der Ausverkauf der Pandemie-Aktien für den Rest der Tech-Welt bedeutet. Auch diese sind bereits jetzt mit einem sich verlangsamenden Gewinnwachstum konfrontiert, was Druck auf die Bewertungen ausübt. Der Technologieindex Nasdaq 100 ist im Januar bereits um 9 Prozent gefallen. Der Januar könnte damit der schlechteste Monat seit 2008 zu werden.

Anlegerinnen und Anleger werden in der nächsten Woche mehr Einsicht darüber bekommen, ob die Geschäftszahlen von Netflix ein unheilvoller Vorbote für andere Tech-Unternehmen sind. Microsoft und Apple liefern ihre Quartalsergebnisse nächste Woche.

Gene Munster, Mitbegründer von Loup Ventures warnt bereits: "Halten Sie sich fest, diese Ergebnisse werfen einen Schatten die anderen Technologieunternehmn. Bis Apple die Zahlen offenlegt und die Fed über ihr weiteres Vorgehen informiert, wird der Technologiemarkt nervös bleiben."

(Bloomberg/cash)