Den Aktionären von Syngenta steht ein bewegender Jahresausklang bevor. Seit Freitagnachmittag jagt beim in Basel beheimateten Agrarchemiehersteller ein Gerücht das nächste.

Von einer 470 Franken je Aktie schweren Barofferte für 70 Prozent der ausstehenden Aktien durch ChemChina ist genauso die Rede wie von einem Gegenangebot des amerikanischen Rivalen Monsanto. Zumindest signalisierte der interimistisch als Konzernchef eingesetzte John Ramsay am späten Freitag in der Finanzpresse Gesprächsbereitschaft.

Zur Stunde gewinnt die Syngenta-Aktie an der Schweizer Börse SIX gerademal 2,7 Prozent auf 384,60 Franken. Noch im vorbörslichen Handel wurden Kurse von bis zu 388 Franken bezahlt, in New York am späten Freitag sogar solche von umgerechnet knapp 390 Franken.

Gebrannte Kinder scheuen das Feuer

Damit liegt der Kurs allerdings weit unter dem angeblichen Barangebot seitens von ChemChina und einem möglichen Gegenangebot von Monsanto oder einer anderen Drittpartei. Händler erklären sich diese Differenz damit, dass der chinesische Interessent das Unternehmen in zwei Schritten übernehmen wolle.

Ausserdem hätten sich viele Marktakteure in den vergangenen Monaten die Finger an der Aktie von Syngenta verbrannt. Auf Spekulationen hin einzusteigen, habe bislang nur Geld gekostet, sei es dem Verwaltungsrat doch gelungen, sich erfolgreich gegen ungewünschte Übernahmeversuche zur Wehr zu setzen.

Wird diesmal alles anders?

In einem Kommentar von Morgan Stanley wird zudem an den zunehmenden Widerstand gegen steueroptimierende Grossübernahmen in den USA hingewiesen. Es seien auf politischer Ebene mehrere Vorstösse im Gang, transatlantische Firmentransaktionen zu erschweren. Deshalb sei ein Wiedereintritt von Monsanto in Gespräche mit Fragezeichen verbunden, so heisst es.

Auch bei Kepler Cheuvreux werden die Spekulationen heruntergespielt. Noch gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass der Verwaltungsrat von Syngenta dem angeblichen Angebot von ChemChina wohlwollend gegenüberstehe. Auch sei unklar, ob sich ein "weisser Ritter", beispielsweise Monsanto, zu erkennen gebe. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht hält der Analyst einen Zusammenschluss mit ChemChina für einfacher als einen mit Monsanto. Die Aktie von Syngenta stuft er dennoch auch weiterhin nur mit "Hold" und einem Kursziel von 330 Franken ein.

Der für die UBS Investmentbank tätige Analyst nimmt die jüngsten Spekulationen zum Anlass, sein 12-Monats-Kursziel für die Aktie von Syngenta auf 380 (300) Franken anzuheben. Das Anlageurteil lautet wie bis anhin nur "Neutral". Wie er schreibt, habe der Druck auf andere Anbieter nach dem Zusammenschluss von Dow Chemical und DuPont weiter zugenommen. Den fairen Wert für den Basler Agrarchemiehersteller beziffert der Analyst im Falle eines Alleingangs jedoch noch immer auf gerade mal 300 Franken je Aktie. Dabei stützt er sich auf ein Discounted-Cash-Flow-Modell ab.

Händlern zufolge werden sich Verwaltungsrat und Geschäftsleitung nicht länger verweigern können. Deshalb könne diesmal alles anders werden, so der Tenor. An eine rasche Annäherung an die gerüchtehalber herumgereichte Barofferte von 470 Franken rechnet allerdings kaum jemand.