"Ich habe verstanden, dass in der Schweiz viele den Betrag für die Einhaltung des Konkurrenzverbotes als unverhältnismässig hoch empfinden, trotz der Tatsache, dass ich meine Absicht bekannt gab, den Nettobetrag für wohltätige Aktivitäten zur Verfügung zu stellen. Deshalb habe ich dem Verwaltungsrat empfohlen, dass ich auf jegliche Zahlung in Zusammenhang mit der Konkurrenzverbotsabrede verzichten werde", liess sich der abtretende Novartis-Präsident Daniel Vasella am Dienstag in einer Medienmitteilung zitieren. Die Vereinbarung wäre nach der Generalversammlung vom 22. Februar 2013 in Kraft getreten, an der Vasella sich bekanntlich nicht mehr zur Wiederwahl als Verwaltungsratspräsident der Novartis zur Verfügung stellen wird.

Seit letzten Freitag bekannt wurde, dass Novartis und Vasella ein Konkurrenzverbot mit einer damit verbundenen bedingten Entschädigung von maximal 72 Millionen Franken auf 6 Jahre hinaus unterzeichnet hatten, stieg der öffentliche Druck auf Vasella und den Novartis-Verwaltungsrat fast täglich. Politiker, Wirtschaftsvertreter und die Öffentlichkeit machten ihr Unverständnis und ihren Unmut lauthals kund.

Brisanteste GV seit fünf Jahren

Unter diesen Vorzeichen hätte Vasella am nächsten Freitag in der Basler St. Jakobshalle die brisanteste Generalversammlung der Schweiz seit fünf Jahren gedroht. Damals fand die ausserordentliche Generalversammlung der Grossbank UBS statt, und ging als eine der turbulentesten und längsten in die Schweizer Wirtschaftsgeschichte ein. Über sieben Stunden lang musste der damalige CEO Marcel Ospel vor über 6500 Aktionären verbale Prügel einstecken.

Trotz Vasellas Rückzieher am Dienstag zeichnet sich für die Versammlung von Novartis eine rekordverdächtige Beteiligung ab. Der Pharmakonzern rechnet mit bis zu 3000 Teilnehmern, wie Mediensprecher Michael Schiendorfer gegenüber cash sagt. Eine Zahl, wie sie seit über zehn Jahren nicht mehr erreicht wurde. 2012 wohnten knapp 1900 Aktionäre der Novartis-Versammlung bei. Die Anmeldefrist für Aktionäre für die GV 2013 läuft am Mittwoch aus.

Wie viele Redner das Wort ergreifen, wird erst am Freitag bekannt. Einen Marathon wie 2008 ist indes nicht zu erwarten. Damals hatten sich 52 Votanten gemeldet, unter ihnen auch der Vater der Abzocker-Initiative, Thomas Minder. Auch wenn die Diskussion um Vasellas Vergütung etwas abklingen dürfte, ist weiterhin für genug Gesprächsstoff gesorgt. Zu reden dürfte vor allem die Anpassung des Vergütungsmodells geben.

Verwaltungsräten drohte Reputationsschaden

Mit dem Rückzug des Bindungsvertrags zwischen Novartis und Vasella über dessen Amtszeit hinaus nimmt auch Druck von den Verwaltungsräten, die diesem Deal zugestimmt hatten. Vor allem die Verwaltungsräter schweizerischer Herkunft - namentlich Andreas von Planta, Nobelpreisträger Rolf Zinkernagel und Pierre Landolt - gerieten in Kritik und liefen Gefahr, die eigene Reputation zu schädigen. "Während Vasella von der Bildfläche verschwunden wäre, hätten die Verwaltungsräte weiterhin mit dem Imageschaden leben müssen", sagt Gregor Greber vom Zuger Vermögensverwalter zCapital gegenüber Newsnet.

Diese Einsicht kommt auch in der Medienmitteilung von Novartis zum Ausdruck. "Wir glauben nach wie vor an den Wert eines Konkurrenzverbots. Dennoch glauben wir, dass die Entscheidung, die Vereinbarung und die damit verbundene Entschädigung aufzuheben, den Bedenken der Aktionäre und weiterer Anspruchsgruppen Rechnung trägt. Der Verwaltungsrat ist sich der Bedeutung vollständiger Transparenz bewusst und wird seine diesbezüglichen Anstrengungen verstärken", lässt sich der aktuelle Vize-Verwaltungspräsident Ulrich Lehner in der Mitteilung zitieren. 

Der Deutsche Lehner fungiert als ad interim VR-Präsident, bis der designierte VRP gewählt und am 1. August 2013 sein Amt antreten wird.