"Der Markt hat in den vergangenen 18 Monaten ein massives Wachstum gesehen", sagte JP-Morgan-Manager Stefan Povaly in einem am Montag veröffentlichten Interview zu Reuters. Ein Treiber des Booms sei das Zinsumfeld; so habe sich der Zinsaufschlag für diese Finanzierungsform im Vergleich zu Bankkrediten verringert.

"Unternehmen haben oft grosse Summen aufgenommen, um zu expandieren, organisch oder über Zukäufe." Namhafte Emittenten seien etwa die Telekomfirmen Sunrise und Salt, vom Tourismus abhängige Unternehmen wie Dufry, Swissport und VFS oder der Verpackungskonzern SIG.

Im vergangenen Jahr nahmen Schweizer Firmen am Kapitalmarkt mit solchen Finanzierungen, die nicht über Anlagequalität verfügen (Sub-Investment Grade Debt), Geld im Umfang von rund acht Milliarden Euro auf, wie aus Berechnungen von JP Morgan hervorgeht.

In der Schweiz steigt das Volumen

Dabei seien je etwa die Hälfte auf High-Yield-Anleihen und auf Leveraged Loans entfallen - letztere unterscheiden sich von normalen Krediten unter anderem dadurch, dass sie nicht von Banken gehalten werden, sondern von Fonds und anderen Anleger. Im Vergleich zu 2017 entspreche das einem Plus von über 30 Prozent. "Für dieses Jahr liegen noch keine vollständigen Zahlen vor, aber der Trend zeigt weiter nach oben", sagt Povaly.

Die Schweiz hebt sich damit von grösseren Ländern wie Deutschland, Frankreich und Italien ab, wo das Emissionsvolumen von solchen Papieren leicht geschrumpft sei. Europaweit habe das Emissionsvolumen von 2017 bis 2019 um rund acht Prozent zugelegt. JP Morgan ist Daten von Dealogic zufolge zusammen mit der französischen BNP Paribas der führende Anbieter in der Region.

Die Nachfrage der Investoren nach Schweizer Unternehmen sei sehr hoch. "Wir gehen davon aus, dass man auch ohne weiteres die doppelte Kapazität oder mehr unterbringen kann", sagte Povaly mit Blick auf den Wert von acht Milliarden Euro. Möglich sei das bereits im nächsten Jahr. Die Frage sei aber, ob die Unternehmen das dann schon nutzten. "Das ist eher unrealistisch, aber der Trend geht auf jeden Fall in diese Richtung", sagte der Co-Chef des europäischen Leveraged-Finance-Geschäfts der US-Grossbank.

«Der Kapitalmarkt verlangt eine Prämie»

Aus Unternehmenssicht sei die Frage, wie attraktiv die Preise im Vergleich zu den herkömmlichen Finanzierungsvarianten seien. Je nach Bonität beliefen sich die Zinsen von Bankkrediten typischerweise auf 1,5 bis 2,5 Prozent. Hochzins-Anleihen bewegten sich durchschnittlich zwischen 2,7 und 5,2 Prozent. "Der Kapitalmarkt verlangt eine Prämie", erklärte Povaly.

"Das hat damit zu tun, dass über den Kapitalmarkt Finanzierungen möglich sind, die die Banken gar nicht machen, weil sie die Risiken als zu hoch erachten." Der Kapitalmarkt offeriere Geld für längere Laufzeiten und stelle weniger hohe Anforderungen. So müssten die Firmen nicht quartalsweise oder monatlich belegen, dass sie die Verschuldungsquote erfüllten.

Die Coronavirus-Krise habe die Zinsen am Markt vorübergehend hochschiessen lassen. Während die Zinsen bei Papieren mit einem "B"- und einem "BB"-Rating im Februar insgesamt bei etwa drei Prozent lagen, sei dieser Wert mit dem breiten Covid-Ausbruch bis Mitte März auf rund zehn Prozent geklettert. Mittlerweile sei es zu einer Erholung gekommen, sodass der Mittelwert jetzt bei etwa 4,5 Prozent liege und den Sieben-Jahres-Wert unterschreite. 

(Reuters/cash)