Die SNB setzt zur Schwächung des aus Sicht der Währungshüter noch immer deutlich überbewerteten Frankens weiterhin auf Negativzinsen und Devisenmarktinterventionen. Die Notenbank beliess das Zielband für den Referenzzins Dreimonats-Libor am Donnerstag bei minus 1,25 bis minus 0,25 Prozent. Banken müssen für ihre Sichtguthaben bei der SNB weiterhin einen Strafzins von 0,75 Prozent bezahlen.

Ökonomen und Ökonominnen kommentieren die geldpolitische Lagebeurteilung der SNB wie folgt:

Fernando Martins Da Silva, Waadländer Kantonalbank:
"Aufgrund der Tatsache, dass der Schweizer Franken gegenüber dem Euro nach wie vor etwa 10 bis 12 Prozent überbewertet ist, hat die SNB nur wenig Spielraum. Zumal sich die Inflation nach einem leichten Anstieg nun knapp über null eingependelt hat. Die Normalisierung der Inflation wird in der Schweiz - so wie auch im Rest der Welt - Zeit benötigen."

Alessandro Bee, UBS:
"Wir erwarten, dass die EZB in der zweiten Jahreshälfte das Tapering im Jahr 2018 ankündigen wird. Die etwas straffere Geldpolitik der EZB sollte der SNB einen gewissen Spielraum in den kommenden Quartalen geben. Wir erwarten zunächst, dass die SNB die Geldpolitik unverändert belässt, um den Franken zu schwächen. Erst im Juni 2018 dürfte die SNB diesen monetären Spielraum nutzen, um den Zinssatz einmal zu erhöhen. Wir gehen davon aus, dass die EZB im nächsten Jahr mit dem Tapering in einem fortgeschritten Stadium ist. Andernfalls wäre das Risiko einer Zinserhöhung für den Franken zu hoch. Solange es Angst vor einem Auseinanderbrechen der Euro-Zone gibt, wird die SNB nicht in der Lage sein, die Zinsen zu erhöhen. Daher müssen die politischen Risiken, vor allem in Europa, zuerst nachlassen. Doch vor einer Zinserhöhung müssen wir eine restriktivere Geldpolitik der EZB sehen."

Daniel Hartmann, Bantleon Bank:
"Die SNB rückt keinen Deut von ihrer expansiven Ausrichtung ab. Auch sonst finden sich im offiziellen Statement eher dovishe (taubenhafte) Hinweise. Die ohnehin tiefe Inflationsprognose für die kommenden Jahre wurde nochmals leicht nach unten korrigiert. Anders als bei der Fed oder der EZB gibt es für die SNB in der Tat noch keinen Grund, den Ausstieg aus der ultraexpansiven Geldpolitik voranzutreiben beziehungsweise auch nur vorzubereiten. In der Zinspolitik ist die SNB eine Gefangene der EZB. Sie wird den Leitzins erst erhöhen können, nachdem die Frankfurter Währungshüter agiert haben. Wir rechnen daher frühestens Ende 2018 mit dem ersten Schritt der SNB - einer Leitzinsanhebung von minus 0,75 Prozent auf minus 0,50 Prozent."

Cornelia Jaggi Luchsinger, Zürcher Kantonalbank:
"Die jüngsten Aussagen der SNB zur Geldpolitik bringen keine Überraschung. Ich denke, der Ton im Hinblick auf die globale und Schweizer Wirtschaft und den Immobilienmarkt ist ein wenig positiver geworden. Die Inflationsprognosen dagegen sind niedriger. Es gibt keine Eile für die SNB, restriktiver zu werden. Wir erwarten einen ersten Zinsschritt auf minus 0,5 Prozent frühestens im dritten Quartal 2018. Solange die EZB extrem expansiv bleibt, muss die SNB die aktuelle Politik fortsetzen. Ich habe mich gefragt, wann die SNB ihren Wortlaut über den überbewerteten Franken ändern wird. Vor der Aufgabe des Euro-Mindestkurses war der Wortlaut der SNB, dass der Franken überbewertet ist. Seit der Aufgabe lautet die Formulierung: Der Franken ist nach wie vor deutlich überbewertet. Eine Änderung der Formulierung wäre ein erstes Signal für eine Änderung der SNB-Politik."

Maxime Botteron, Credit Suisse:
"Die SNB betont, dass sie die historische Zinsspanne zwischen dem Euro und dem Franken durch den negativen Wechselkurs teilweise wiederhergestellt hat. Entsprechend ist eine Erhöhung des Leitzinssatzes vor der EZB unwahrscheinlich. Sollte die Schweizer Wirtschaft die Euro-Zone übertreffen, könnte die SNB einen stärkeren Franken tolerieren und ihre Devisenkäufe verringern. Allerdings deuten die heute von der SNB veröffentlichten Wachstums- und Inflationsprognosen keine solche Outperformance im Laufe dieses Jahres an. Wenn sich der Prozess der politischen Stabilisierung in Europa fortsetzt, sollte die Notwendigkeit von Deviseninterventionen abnehmen. Aber für eine straffere Politik ist der Euro gegenüber dem Franken noch viel zu niedrig."

Karsten Junius, Safra Sarasin:
"Die SNB signalisiert, dass sie sich trotz den tiefen Wachstumsraten in den vergangenen Quartalen mit dem gegenwärtigen wirtschaftlichen Umfeld wohlfühlt und dass sie in Zukunft eine stärkere Dynamik erwartet. Wir erwarten, dass die SNB ihren Kurs 2017 und 2018 beibehält und die Zinsen erst Anfang 2019 anhebt, nachdem die EZB dasselbe gemacht hat. Die Zinsdifferenzen bleiben sehr tief und wir erwarten, dass der Aufwärtsdruck auf den Franken anhält. Interventionen am Devisenmarkt bleiben notwendig. Unsere Euro-Franken-Prognose zum Jahresende bleibt bei 1,06."

(Reuters)