Der Gemüse- und Fruchtsaftproduzent Thurella generierte vergangene Woche mit 344‘000 Franken das grösste Handelsvolumen aller Werte im ausserbörslichen Handel der Berner Kantonalbank (BEKB). Der Titel ist derzeit speziell im Fokus, da die börsenkotierte Orior Anfang März 65 Prozent der Anteile übernahm und nun gar eine Vollakquisition anstrebt. Thurella genügten gerade mal 33 Trades, um umsatzstärkster Titel des nichtkotierten Segments zu werden.

Das verdeutlicht das Problem des ausserbörslichen Handels, auch Over the Counter (OTC) genannt: Solche Titel wechseln nur selten den Besitzer, das erschwert die Preisfindung. Ausserdem sind Informationen teilweise nur spärlich vorhanden, da im Gegensatz zu börsenkotierten Werten keine Meldepflichten existieren.

Trotzdem kann es sich lohnen, als Diversifikation auch solche OTC-Werte im Portfolio beizumischen. Denn: Während die Börse derzeit mit ihren Kurskapriolen die Nerven der Anleger auf die Probe stellt, bleiben ausserbörsliche Titel cool.  Das verdeutlicht folgende Grafik:

Entwicklung nichtkotierter Aktien (BEKB-Liquidity Index, rot) und des Swiss Performance Index (grün) in den letzten 52 Wochen, Quelle: cash.ch

Der Swiss Performance Index (SPI) legte in den letzten 52 Wochen einen starken Zickzack-Kurs hin, mit dem BEKB-Liquidity-Index hingegen - dieser Index umfasst die rund 50 meistgehandelten Titel an der OTC-Plattform der BEKB ab - ging es stabil aufwärts. Seit Jahresbeginn beträgt die SPI-Performance minus 5,1 Prozent, der BEKB-Liquidity-Index hat 1,4 Prozent zugelegt.

Keine Spekulanten bei «Tresenaktien»

Vom Börsenknick ab Ende Februar blieben die ausserbörslichen Werte praktisch gänzlich unberührt. Das ist kein Zufall: "Investoren sind sich in der Regel bewusst, dass man mit solchen Anlagen nicht spekuliert", schreibt Thomas Brunner, der bei Lienhardt & Partner Privatbank für den ausserbörslichen Handel verantwortlich ist, auf Anfrage von cash. Durch die zum Teil sehr enge Liquidität sei ein schnelles Ein- beziehungsweise Aussteigen fast nicht möglich - das tiefe Handelsvolumen hat also auch seine Vorteile.

Wer auf OTC-Werte setzt, hat häufig einen regionalen Bezug zur Firma oder ist fest von deren Strategie überzeugt. Vielfach werden diese Aktien auch nicht verkauft, sondern weitervererbt. Auch in unruhigen Zeiten bleibt dieser Anlegertyp seinem Titel treu. Deshalb ist auch kein Einbruch wie bei den internationalen Börsen im Februar zu erwarten.

Im Gegenteil: "Dank dem momentan sehr guten wirtschaftlichen Umfeld besteht durchaus noch etwas Luft nach oben", so die Einschätzung von Experte Brunner. Allerdings seien viele Titel bereits sehr gut gelaufen und wirklich günstige Bewertungen inzwischen rar geworden. 

Zugreifen bei Schilthorn

Trotz der Stabilität im OTC-Markt gibt es auf Einzeltitelebene natürlich unterschiedlich starke Ausschläge (Rangliste Top- und Flop-Performer siehe unten). Am auffälligsten präsentiert sich 2018 bisher die Schilthornbahn mit einem Kursplus seit Jahresbeginn von 56 Prozent. Deren CEO Christoph Egger rechnet in diesem Jahr wegen des abgeschwächten Frankens mit einem Umsatzplus, wie er Anfang Jahr im Interview mit cash ausführte.

Dabei verlief bereits das vergangene Jahr äusserst erfolgreich: So viele Gäste wie noch nie wurden befördert. Die ordentliche Dividende wurde von 36 auf 40 Franken erhöht, was allerdings einer eher bescheidenen Dividendenrendite von 1,8 Prozent entspricht. Das Schilthorn, welches spätestens seit dem dort im Jahre 1968 gedrehten James-Bond-Film eine starke internationale Austrahlungskraft besitzt, gehört zu den Top-Destination im Bereich Tourismus. Wer auf Bergbahnen setzen möchte, ist bei dieser Aktie weiterhin an der richtigen Adresse.

Vorsicht bei Schweizer Zucker

Eher nicht investitionswürdig ist der zweitbeste Performer, Schweizer Zucker (+39 Prozent). Letztmals wurde 2015 eine Dividende ausgeschüttet, seither lässt dies der Geschäftsverlauf nicht mehr zu. Es gibt in der Schweiz immer weniger Zuckerrüben-Bauern, welche Zulieferer für Schweizer Zucker sind. Billigzucker aus dem Ausland drückt auf die Marge, ausserdem ist auch der anhaltende Trend hin zu einer gesünderen Ernährung schlecht fürs Geschäft.

Und noch ein weiteres Problem kommt hinzu: Die Hälfte aller Aktien wird von den Zuckerrübenproduzenten selbst gehalten. Diese interessieren sich in erster Linie für hohe Rübenpreise, was wiederum schlecht für die Gewinnmarge von Schweizer Zucker ist. Die gegenwärtige Kurserholung ist darauf zurückzuführen, dass die jüngsten Geschäftszahlen nicht ganz so schlimm wie befürchtet ausfielen - die Situation bleibt jedoch schwierig.

Am anderen Ende der Performancetabelle befindet sich das Industrieunternehmen Cendres+Métaux (-9 Prozent), welches im Gesamtjahr 2017 noch zu den Topperformern gehörte. Die Bieler sind in einer grösseren Umstrukturierungsphase und setzen neu auf die Medtech- und Uhrenbranche. Anleger sollten hier mit einem Einstieg noch abwarten, bis sich das weitere Potenzial besser einschätzen lässt.

Performance der ausserbörslich gehandelten Aktien

Top 8Flop 8
TitelPerformance seit 1.1.18TitelPerformance seit 1.1.18
Schilthornbahn+56%Cendres+Métaux-9%
Schweizer Zucker+39%NZZ-6%
Rapid Holding+25%Welinvest-6%
Brauerei Schützengarten+23%EW Jona-Rapperswil-4%
Brauerei Falken+16%Bernexpo-4%
Montana Tech+12%Bad Schinznach-4%
Griesser+11%Bank Oberaargau-3%
Plaston+9%Regiobank Solothurn-2%

Quelle: cash.ch, Stand 10.04.2018