In Hollywood ging es schon immer schnell: Wenn der Erpresser die Millionen auf sein Schweizer Bankkonto einforderte, kam innert Sekunden die Bestätigung aus Zürich: "Das Geld wurde überwiesen". Schön wärs, dachten sich dabei die Zuschauer aus der Schweiz. Sie wussten: Unter einem Tag geht gar nichts.

Doch das ändert sich gerade ziemlich schnell. Obwohl die Banken offiziell nichts von "Echtzeit-Überweisungen" wissen wollen und dafür gerne auf ihre Payment-App "Twint" verweisen, haben sie hinter den Kulissen aufgerüstet. Überweisungen werden mittlerweile bei vielen Banken nicht mehr nur über Nacht, sondern auch direkt ausgeführt. Und das kann sehr schnell gehen, wie ein Test der "Handelszeitung" zeigt.

Um die Konditionen der Banken zu testen, haben wir Euro-Beträge zwischen Konten von sechs grossen Retailbanken hin und her überwiesen. Teilweise mit Ausführung am Folgetag, teilweise "per sofort". Letzteren Service bieten inzwischen die meisten grossen Banken an. Unterschiede gibt es jedoch darin, wie lange es bis zur Gutschrift auf der Empfängerbank dauert.

Als besonders schnell erwiesen sich die zwei Grossbanken. In einem Fall war ein Transfer von der UBS zur CS nach nur wenigen Sekunden auf dem Zielkonto gutgeschrieben. Schneller geht es nicht. Beide Banken sagen, Überweisungen würden bis zum Annahmeschluss immer sofort ausgeführt. Dieser ist abhängig von der Art des Auftrags. Zahlungen in Euro können bis 15 Uhr aufgegeben werden, Frankenzahlungen bis 16 Uhr.

Raiffeisen nimmt Zahlungen nur bis 10 Uhr an

Auch Migros Bank und Raiffeisen erwiesen sich als schnelle Überweiser. Am morgen aufgegeben, waren Belastungen und Eingänge meist nach ein bis zwei Stunden verbucht. Für ausgehende Zahlungen verweist Raiffeisen auf einen Annahmeschluss um 10 Uhr, Eingänge wurden auch später noch verbucht. 

Etwas mehr Mühe bekundete im Test die Zürcher Kantonalbank: In einem Fall hat sie das Geld zwar innert einer Stunde auf ein Konto der Migros Bank überwiesen, welche den Eingang auch auf dem Auszug bestätigte. Im eigenen System führte die ZKB die Belastung jedoch erst viel später auf. Offenbar ist der Zahlungsverkehr der Zürcher schneller als die Buchhaltung.

Dafür hat die Staatsbank einen späten Annahmeschluss: Bis 16.30 Uhr aufgegeben, würden Zahlungen in Franken noch gleichentags ausgeführt, sagt Sprecherin Johanna Doeblin. Bis zu welchem Zeitpunkt die Zielbank die Kontogutschriften vornehme, werde jedoch durch diese bestimmt und liege nicht im Einflussbereich der Zürcher Kantonalbank.

Bei Postfinance nur gegen Express-Gebühr

Am langsamsten ist die Postfinance. Zwar verbuchte auch sie Eingänge von anderen Banken innert weniger Stunden. Selber führt sie Zahlungen standardmässig aber gar nicht am gleichen Tag aus, wie Sprecher Johannes Möri bestätigt. Gegen eine Gebühr von 5 Franken könne eine "Express-Zahlung" aufgegeben werden, sagt er. Selbst dann gilt für Überweisungen auf andere Banken aber ein Annahmeschluss um 13 Uhr. Was später eingeht, wird erst am folgenden Tag verbucht.

Zur Einführung von Echtzeitzahlungen sagt Möri, die Postfinance sehe sich "als Teil des Schweizer Finanzplatzes und es würde insbesondere für uns als inlandorientierte Bank wenig Sinn machen, diesen Service anzubieten, wenn nicht der gesamte Schweizer Finanzplatz mitzieht."

Für einmal liegt das Problem aber nicht am System. Das von der SIX Group betrieben Interbanken-Clearing SIC erlaube schon seit Jahren Zahlungen in Echtzeit, sagt SIX-Sprecher Jürg Schneider. "Die Banken haben bisher einfach gezögert, ihre eigenen Systeme umzustellen." Es gibt ein Huhn-und-Ei-Problem. Überweisungen sind immer nur so schnell wie die langsamere der beiden Banken.

Den Takt gibt das Ausland vor

Auf EU-Ebene wird daher an einem gemeinsamen Instant-Standard im Rahmen des Europäischen Zahlungsraumes SEPA gearbeitet. Dieser definiert eine Sofortzahlung als Überweisung, die innert zehn Sekunden verbucht ist. Unklar ist, ob und wann dieser Standard auch von den Schweizer Banken übernommen wird. 

Tests gibt es auch im Rahmen des Zahlungsnetzwerkes SWIFT. An einem Pilotversuch für internationale Instant Payments nehmen unter anderem die Grossbanken SantanderDeutsche Bank und Unicredit teil. Schweizer Banken sind nicht dabei.

Etwas gilt weiterhin auch für die schnellsten Banken: Am Wochenende arbeiten die Computer nicht. Anders als Emails, Whatsapp-Meldungen und SMS werden Bankzahlungen weiterhin nur an Arbeitstagen ausgeführt.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der «Handelszeitung» unter dem Titel «Überweisen in Echtzeit: Grossbanken legen Tempo vor».

Michael Heim Handelszeitung
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