Es seien Vereinbarungen mit Klägeranwaltskanzleien getroffen wurden, mit denen etwa 90 Prozent der insgesamt fast 39'000 in den USA schon eingereichten oder teils noch nicht eingereichten Essure-Klagen beigelegt werden, wie der Dax-Konzern am Donnerstag in Leverkusen mitteilte. Insgesamt will Bayer etwa 1,6 Milliarden US-Dollar (1,35 Mrd Euro) in die Hand nehmen, worin auch Pauschalen für Ansprüche enthalten sei, für die noch keine Vergleichsvereinbarungen vorliegen. Mit diesen Klägerinnen werde aktuell noch gesprochen.

Die Anleger freute es, Euphorie wollte angesichts des noch viel teureren und immer noch nicht beendeten Glyphosat-Streits allerdings nicht aufkommen. Die Bayer-Aktien legten am Abend auf der Handelsplattform Tradegate im Vergleich zum Xetra-Schluss um rund ein Prozent zu.

Eine Einigung war zudem angesichts zuletzt intensivierter Gespräche auch erwartet worden, weshalb Bayer dafür schon Geld beiseite gelegt hatte. Die Vergleichssumme sei durch Rückstellungen gedeckt, hiess es denn auch von von den Leverkusenern.

Bayer hatte das umstrittene Geschäft mit der Metallspirale 2013 mit dem Kauf des US-Herstellers Conceptus übernommen. Ende 2018 wurde es in den USA eingestellt. Die Spirale konnte ohne chirurgischen Eingriff in die Eileiter eingesetzt werden. Allerdings klagten viele der Frauen unter anderem über chronische Schmerzen, unregelmässige Blutungen, über Verletzungen an Gebärmutter und Eileiter sowie Depressionen.

Kein Schuldeingeständnis

Die Klägerinnen, die sich dem Vergleich anschliessen, werden ihre Klagen zurücknehmen oder nicht einreichen, hiess es von Bayer weiter. Der Konzern betonte zudem abermals, dass die Vergleichsvereinbarungen kein Schuldeingeständnis seien.

Mit dem Vergleich räumt Bayer eine weitere rechtliche Grossbaustelle auf. Wie seit Juni bekannt ist, nehmen die Leverkusener 820 Millionen Dollar in die Hand, um den wesentlichen Teil der US-Verfahren wegen des seit 1979 in den USA verbotenen Umweltgifts PCB beizulegen, das die Tochter Monsanto früher produziert hatte. Hinzu kommt ein 400 Millionen Dollar teurer Kompromiss wegen Klagen um angebliche Ernteschäden durch Verwehungen des Unkrautvernichters Dicamba. Bei letzterem will Bayer aber auch den mitverklagten Wettbewerber BASF ins Boot holen.

Der weitaus teuerste Streit bleibt aber derjenige um angebliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter. Hier wackelt allerdings der angestrebte Vergleich mit der Mehrzahl der Kläger. Denn: Der zuständige Bundesrichter Vince Chhabria störte sich an dem Teil der Vereinbarung, der mögliche künftige Fälle abdeckt. Daher zog Bayer den Antrag auf Zustimmung zum Umgang mit diesen Fällen zurück, für deren Beilegung 1,25 Milliarden Dollar geplant waren.

Damit ändert sich zwar im Grunde nichts an der Einigung mit dem Grossteil der insgesamt etwa 125'000 eingereichten und nicht eingereichten Klagen, für die bis zu 9,6 Milliarden Dollar vorgesehen sind. Allerdings hatte Bayer-Chef Werner Baumann immer wieder betont, dass mit einer gross angelegten Einigung auch künftige Rechtsstreitigkeiten beigelegt werden müssten. Der Ansatz bleibe, eine umfassende Lösung zu finden, betonte der Manager im Zuge der Veröffentlichung der Halbjahreszahlen Anfang August. Ein neuer Vorschlag werde mit den Repräsentanten künftiger Fälle besprochen.

(AWP)