"Eine vernünftige Verwendung von Überschusskapital", schreibt das Brokerhaus Helvea zum Deal, den sich Vontobel insgesamt 700 Millionen Franken kosten lässt. Der Preis sei angemessen. Die Zürcher Vermögensverwaltungsgruppe bezahlt den Kauf mittels Eigenkapital sowie einer Anleihe in der Höhe von 350 bis 450 Millionen Franken. Die Kernkapitalquote CET1 von Vontobel dürfte von 18,4 Prozent auf 12,2 Prozent sinken.

Die 16,5 Milliarden Franken, die Notenstein La Roche verwaltet, erhöhen die von Vontobel betreuten Vermögenswerte im Privatkundengeschäft auf 73 Milliarden Franken. Dies natürlich unter der Voraussetzung, dass Vontobel die bisherigen Notenstein-Vermögen behalten kann, wenn der Deal wie angenommen im Lauf des Sommers über die Bühne gegangen sein wird.

Notenstein wird als sinnvolle Ergänzung für Vontobel gesehen. Etwa 90 Prozent der Notenstein-Vermögen stammen von Kunden, die über eine Million Franken besitzen. Rund 70 Prozent der Kunden leben in der Schweiz. Zuletzt verwaltete die Vontobel-Gruppe in den drei Sparten Asset Management, Investmentbank und Private Banking 190 Milliarden Franken.

Vontobel behält Dividendenpolitik bei

Helvea vermerkt auch anerkennend, dass Vontobel die Dividendenstrategie beibehalten werde: Für 2017 bezahlte die Bank pro Aktie 2,10 Franken Dividende und kommt so auf eine im Branchenvergleich ansehnliche Dividendenrendite von 3,2 Prozent. Der Deal führt auch zu keiner Verwässerung der Aktie.

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In einem Kommentar schreibt auch die Zürcher Kantonalbank (ZKB), sie sehe die Transaktion als positiv für Vontobel an. "Für das Private Banking von Vontobel ist der Deal ein spürbarer Schritt nach vorne, auch weil die Kundenstrukturen gut zusammenpassen dürften", schreibt ZKB-Analyst Michael Kunz. Die Balance zwischen den drei Divisionen von Vontobel werde verbessert, denn das Gewicht des Fondsgeschäfts nehme zugunsten des Wealth Managements ab.

Allerdings werde der Spielraum für künftige Zukäufe wohl etwas eingeschränkt. Eine Outperformance der Vontobel-Aktie liege nicht drin, was allerdings an der erhöhten Bewertung liege. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis 2018 schätzt die ZKB auf den Faktor 16. Gemessen am Jahresbeginn 2018 steht die Vontobel-Aktie, die generell zu den performancestärkeren Schweizer Bank-Titeln gehört, um 7 Prozent höher.

Im heutigen Tageshandel steht die Vontobel-Aktie um 1,1 Prozent höher.

Raiffeisen zurück zu den Wurzeln?

In einem anderen Licht erscheint Raiffeisen. Der Preis für Notenstein La Roche wird zwar positiv gesehen, denn 2012 bezahlte die Regionalbankengruppe unter 600 Millionen Franken für die Privatbankentochter. Vom Image her sieht die Situation aber etwas anders aus.

Anfang Jahr wurde Ex-CEO Pierin Vincenz wegen bisher noch nicht juristisch aufgeklärter Geschäfte mit Tochterfirmen festgenommen. Vincenz befindet sich nach wie vor in Untersuchungshaft. Dann erfassten Berichte um unüblich hohe Vergütungen für Verwaltungsräte die Bankengruppe, die traditionell auf ein ländlich-bodenständiges Image baut. Nun muss Raiffeisen zugeben, dass der Ausflug ins Privatbankengeschäft kein Erfolg gewesen ist. Dies, nachdem die Raiffeisen-Führung bis vor kurzem sagte, Notenstein sei unverkäuflich.

Die Akquisition von Notenstein 2012 wurde von Anfang an auch kritisch gesehen. Unter Pierin Vincenz kaufte Raiffeisen zu, nachdem die St. Galler Traditionsbank Wegelin wegen Steuersünder-Kunden unter dem Druck der amerikanischen Justiz zerbrach. Aus dem Nicht-US-Geschäft von Wegelin formte Raiffeisen dann Notenstein. Das Ziel war: Mit einem Privatkundengeschäft wollte die drittgrösste Schweizer Bank an Grösse und Prestige zulegen. CEO Vincenz selbst sagte 2015 zu cash.ch aber auch unumwunden: "Der Wegelin-Kauf war auch ein Risiko.

Umstrittenes Raiffeisen-Abenteuer

Die Integration war aber längere Zeit von Problemen begleitet. Auch mit Vontobel, damals schon Raiffeisen-Partner in der Vermögensverwaltung, hat es immer wieder Streitereien gegeben.

2015 kaufte Raiffeisen die kleine Basler Privatbank Roche & Co. Die verwalteten Vermögen von Notenstein, nunmehr Notenstein La Roche, sanken insgesamt aber von etwa 20 Milliarden Franken im Jahr 2012 auf die aktuell bekannten 16,5 Milliarden Franken. Helvea schreibt: "Wir denken, dass Notenstein von der geringen Grösse des Geschäfts leidet, sichtbar an der trotz einer guten Bruttomarge von 80 Basispunkten schwachen Netto-Profitabilität." Mit anderen Worten heisst das aber auch: Unter dem Dach der wesentlich grösseren Vontobel dürften wegen Synergien erhebliche Kosteneinsparungen und mehr Effizienz möglich sein.

Mit dem Verkauf  von Notenstein wiederum unternimmt Raiffeisen einen Schritt weg von der auf Grösse und Diversifizierung ausgerichteten Strategie des früheren CEO Vincenz. Das Anlagegeschäft soll sich wieder auf Privatkunden mit kleinen und mittelgrossen Vermögen ausrichten, schreibt die Bankengruppe in ihrer Mitteilung vom Donnerstagmorgen.

In ersten Kommentaren von Schweizer Finanzplatzbeobachtern ist auch zu lesen, dass CEO Patrik Gisel eine Rückbesinnung auf das angestammte, bewährte Geschäft von Raiffeisen vorhabe. Bei den typischen Kunden der aus Genossenschaften bestehenden Raiffeisen-Gruppe war der mit Notenstein unternommene Ausflug in die Welt des vornehmen Private Bankings ohnehin nie sonderlich populär.