Analyst Ian Conway verschenkt seine besten Handelsideen nicht nur. Er bezahlt sogar dafür, sie auf speziellen Plattformen im Internet zu veröffentlichen.

So wie Conway und seine Kollegen bei Avalon Capital Markets bewerben zunehmend auch tausende anderer Markt-Profis ihre Ideen. Im Gegenzug bezahlen Investoren einen Betrag, von dem sie denken, dass dieser den Wert der Idee widerspiegelt. 

In einer Welt, die aufgrund neuer Regeln zur Bezahlung von Analysen gerade auf den Kopf gestellt wird, ist dies ein Modell, auch bekannt als "Alpha Capture" , das immer mehr Anhänger findet. Es ist ein Werkzeug für Investoren, um den Wert von Ideen in einer Zeit zu ermitteln, in der es Banken schon bald nicht mehr erlaubt sein wird, die Kosten für Analysen mit Handelsprovisionen zu bündeln.

"Wir haben eine ziemlich starke Veränderung bei der Nachfrage nach Handelsideen von mehr fundamental ausgerichteten Firmen erlebt" sagt Colin Berthoud. Seine TIM Group betreibt eine der grössten Alpha-Capture-Plattformen. "Wir sehen auch grosse neue Firmen, die bislang kein Handelsideen-Programm hatten. Es besteht ein Bedarf für quantitative Bewertungen wie es ihn in der Vergangenheit so noch nie gegeben hat."¨

MiFID II verändert das System

Die Nachfrage geht auf neue aufsichtsrechtliche Bestimmungen in Europa namens MiFID II zurück, die im Januar des kommenden Jahres in Kraft treten werden. Bislang gab es eine ganze Palette an Dienstleistungen, die an den Handel angebunden war. Das wird sich nun in ein System wandeln, bei dem Analysen, Zugang zu Unternehmen und Handelsausführung à la carte gekauft und verkauft werden müssen. 

Alpha-Capture-Plattformen haben bereits seit mehr als einem Jahrzehnt Handelsideen von Brokern nachverfolgt und Ranglisten erstellt. Für einige Hedgefonds sind sie seit Jahren Bestandteil des Alltags. Doch jetzt wachsen sie. Dem Marktforscher Tabb Group zufolge werden die Ausgaben auf Alpha-Capture-Plattformen 2017 rund 5,8 Prozent der weltweit gezahlten Provisionen entsprechen, verglichen mit etwa 4,8 Prozent im vergangenen Jahr. Es handelt sich um einen Markt, bei dem Berthoud davon ausgeht, dass er mit bis zu einer Milliarde Dollar bewertet werden könnte.

Broker zahlen rund 5000 Pfund (5815 Euro) im Jahr, um auf Alpha-Capture-Plattformen veröffentlichen zu dürfen. Fondsmanager, die mögen, was sie dort sehen, überweisen ihnen dann Geld. Einige der besser verdienenden Broker, die die TIM-Plattformen nutzen, berichten, dass sie Geld von Kunden bekommen, die sie zuvor noch nie getroffen oder gesprochen haben.

Kleine Broker profitieren

Ein Gewinner dieses Systems: Kleinere Broker, die nicht über die gewachsenen Beziehungen von riesigen Investmentfirmen verfügen. Sie können jetzt Kunden gewinnen, indem sie zeigen, dass ihre Ratschläge überlegen sind. Für Conway hat das durchaus funktioniert. Der quantitative Analyst hat nach eigenen Angaben schon Zahlungen für Handelsideen erhalten, die er bei TIM Group veröffentlicht hat.

"Niemand hat zuvor den Performance-Blickwinkel berücksichtigt. Es ging nur um den Preis" der Handelsausführung, meint Conway. "Jetzt gibt es überprüfbare Aufzeichnungen der Ideen. Das ist ein sehr klinisches System, aber es hat gezeigt, dass es funktioniert."

Die MiFID-II-Regeln, die verlangen, dass Zahlungen für Analysen und Handelsprovisionen voneinander getrennt werden, führen einer Studie des Beraters Greenwich Associates zufolge dazu, dass mehr als 300 Millionen Dollar aus Analyse-Budgets in den USA und Europa gestrichen werden dürften.

Ein Problem allerdings ist, dass die Bezahlung auf den Plattformen nicht garantiert ist, weil es sich um ein System handelt, das auf Ehre beruht, sagt Geoffrey Mills von Oppenheimer Europe, ein TIM-Kunde.

"Wenn die Käuferseite mit der Verkäuferseite auf Alpha-Capture interagieren möchte, dann muss sie genügend Anreize für die Top-Leistungsbringer bieten", sagt Mills, Sales Director bei Oppenheimer in London. "Ob sie das tatsächlich tut oder sich einfach nur die Daten-Punkte und Signale zunutze macht, ist im Moment eine offene Frage."

TIM Group verweist darauf, dass das Unternehmen nahezu jeden führenden Broker in der Welt als Kunden hat - mehr als 4000 Beitragende. Auf der Käuferseite würden sich 250 Firmen wiederfinden, von Hedgefonds bis hin zu Fonds, die nur auf steigende Kurse setzen.

Überschrift des Artikels im Original:Brokers Giving Away Best Trade Ideas Leads to Unexpected Paydays

(Bloomberg)