Dank der starken Nachfrage nach Urlaubsreisen werde das Tagesgeschäft im laufenden Geschäftsjahr einen signifikanten Gewinn abwerfen, kündigte Vorstandschef Fritz Joussen am Mittwoch in Hannover an. Im Winterhalbjahr bis Ende März reduzierte der Konzern seinen saisontypischen Verlust bereits deutlich, und für den Sommer erwartet Joussen fast so viele Urlauber wie im Vorkrisenjahr 2019. Dabei zeigt er sich sicher: Schnäppchen im Last-Minute-Geschäft werde es diesmal kaum geben.

An der Börse wurden die Neuigkeiten positiv aufgenommen. Die Tui-Aktie legte bis zur Mittagszeit um mehr als vier Prozent auf rund 2,647 Euro zu. Seit dem Jahreswechsel hat sie damit noch rund zwei Prozent eingebüsst. Das abgelaufene Quartal sei solide ausgefallen, schrieb Branchenexperte Richard Clarke vom Analysehaus Bernstein. Die Entwicklung der Barmittel sollte Bedenken mit Blick auf die Bilanz des staatlich gestützten Konzerns zerstreuen.

Tui-Chef Joussen erklärt seinen Optimismus mit den jüngsten Buchungszahlen. Inzwischen habe das Buchungsniveau für den Sommer etwa 85 Prozent des Vorkrisen-Niveaus erreicht. Dabei läuft das Geschäft je nach Herkunft der Kunden durchaus unterschiedlich: So haben Urlauber aus Grossbritannien bei Tui für diesen Sommer schon elf Prozent mehr Reisen gebucht als im Jahr 2019. In Deutschland lägen die Buchungen noch ein Stück niedriger als vor der Pandemie.

Allerdings gehe es derzeit stark aufwärts: So gingen bei Tui Deutschland im April ein Drittel mehr Sommerbuchungen ein als im Vergleichsmonat vor der Pandemie. Damals hatte Tui jedoch noch einen grossen Konkurrenten mehr: Der britische Reisekonzern Thomas Cook mit der deutschen Marke Neckermann Reisen hatte damals noch mit Tui aus Hannover um Kunden gerungen, war aber zum Ende der Sommersaison 2019 pleite gegangen.

«2022 wird ein gutes Geschäftsjahr»

"2022 wird ein gutes Geschäftsjahr mit einem starken Reise-Sommer", sagte Joussen. Nachdem die Corona-Pandemie und die staatlichen Reisebeschränkungen das Geschäft des Konzerns vor zwei Jahren praktisch gestoppt und danach lange deutlich erschwert hatten, geht es nun wieder deutlich aufwärts. So erwartet der Manager im laufenden Geschäftsjahr bis Ende September deutlich über zehn Millionen Reisende. Und der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) des Konzerns soll "signifikant positiv" ausfallen.

So gäben die Tui-Kunden diesen Sommer deutlich mehr Geld für ihren Urlaub aus - im Schnitt rund 20 Prozent mehr als im Jahr 2019. Das liegt dem Tui-Chef zufolge jedoch nicht an höheren Preisen für vergleichbare Angebote. Vielmehr buchten Kunden im Schnitt längere Urlaube und entschieden sich öfter für komfortablere Hotels oder Fernreisen. "Bereinigt würde ich sagen, dass das ein ähnliches Preisniveau ist wie vor der Krise", sagte der Manager.

So dauere eine gebuchte Tui-Reise jetzt im Schnitt 9,5 Tage - und damit einen Tag länger als vor der Pandemie. Dadurch würden auch die Hotels stärker ausgelastet, ohne dass Tui dafür entsprechend mehr Gäste per Flugzeug dorthin hinbringen müsse. "Die sind ja schon da", sagte Joussen.

Werden Reiseangebote knapp?

Nach seiner Einschätzung könnten Reiseangebote diesmal sogar knapp werden: "Das Last-Minute-Geschäft zu niedrigen Preisen wird es diesen Sommer ziemlich sicher nicht geben." In Grossbritannien beginne Tui schon damit, "die Preise zu optimieren" - im Sinne des Konzerns. Auch deshalb betrachtet der Manager den Anstieg der Kerosinpreise gelassen: Der höhere Umsatz reiche sicher aus, um die gestiegenen Treibstoffkosten zu decken.

Im ersten Geschäftshalbjahr bis Ende März erzielte Tui einen Umsatz von rund 4,5 Milliarden Euro, mehr als sechsmal so viel wie im lockdowngeprägten Vorjahreszeitraum. Der um Sondereffekte bereinigte operative Verlust schrumpfte um mehr als die Hälfte auf rund 604 Millionen Euro. Unter dem Strich halbierte sich der auf die Aktionäre entfallende Fehlbetrag auf 720 Millionen Euro.

Mit Blick auf die Staatshilfen aus der Corona-Krise kündigte der Tui-Chef die Rückführung weiterer Kreditlinien an: "Das wird zügig passieren." Zeitpunkt und Summen nannte er allerdings nicht. Bereits Anfang April hatte Tui die von der Bundesregierung und privaten Banken während Corona zur Verfügung gestellten Finanzmittel von knapp 4,3 Milliarden Euro um rund 700 Millionen Euro reduziert. Anfang Mai verfügte der Konzern inklusive Kreditlinien über finanzielle Mittel in Höhe 3,8 Milliarden Euro. Die Nettoverschuldung betrug Ende März rund 3,9 Milliarden Euro - 1,2 Milliarden weniger als noch Ende Dezember.

Eine Trendwende gibt es auch in der Personalpolitik: Der Abbau von weltweit 8000 Stellen ist laut Joussen mittlerweile abgeschlossen. Mittlerweile fange Tui wieder an, Stellen aufzubauen. Derzeit seien rund 1500 Positionen zusätzlich zu besetzen, etwa rund um die Digitalisierung.

(AWP)