Der massive Preiszerfall beim Rohöl bis Januar 2016 verunsicherte die Finanzmärkte und führte in einigen Ländern gar zu deflationären Tendenzen - so etwa in der Schweiz. Doch seit dem Tiefststand am 20. Januar 2016 - damals kostete ein Barrel Rohöl der Marke Brent zwischenzeitlich noch 27,10 Dollar - hat sich der Preis praktisch wieder verdoppelt (aktuell: 52,25 Dollar). Seit Dezember 2016 hat Rohöl die 50-Dollar-Marke nicht mehr unterschritten:

Entwicklung Rohöl-Preis der Marke Brent seit Januar 2016. Quelle: cash.ch

Ist nun Ruhe eingekehrt am Rohölmarkt? Mitnichten. Unter den Erdölproduzenten rumort es. Letzten Herbst einigten sich die Opec-Staaten auf eine Beschränkung der Öl-Förderung auf ein tägliches Produktionsvolumen von zwischen 32,5 bis 33 Millionen Barrel. Durch die Angebotsdrosselung  wollte man einen höheren Ölpreis herbeizaubern. Im Januar trat diese Ölförderbremse schliesslich in Kraft, sie gilt vorerst für sechs Monate.

Investoren glaubten damals an einen Preisanstieg. Dies zeigte sich in rekordhohen Long-Positionen an den Futures-Märkten für Rohöl. Sprich: Man wettete auf einen Ölpreisanstieg. In der letzten Woche wurden nun aber massiv Long-Positionen abgebaut. "Das wirkt sich auf den Ölpreis aus", sagt Susanne Toren, Rohstoffexpertin der Zürcher Kantonalbank (ZKB), gegenüber cash. In der Tat ist der Knick nach unten im Ölpreis in der letzten Woche deutlich erkennbar.

Die Erwartung der Investoren ist klar: Die Ölpreise werden nicht mehr weiter steigen. Diese Einstellung rührt daher, dass die Förderkürzung nicht wunschgemäss funktioniert: Einige Länder wie Iran und Irak wurden von der Förderkürzung zwecks Wiederaufbau der Wirtschaft ausgenommen, andere wiederum hielten sich nicht so recht an die vereinbarte maximale Förderquote.

"Das einzige Land, das sich nicht nur zu 100 Prozent an die Kürzungen gehalten hat, sondern sogar noch mehr gekürzt hat, ist Saudi Arabien", sagt Toren. Saudi Arabien hätte durch die Angebotsdrosselung einen Rohölpreis von mindestens 65 Dollar erreichen wollen, doch so weit ist es nie gekommen. Der Höchstpreis der vergangenen Monate lag bei 57 Dollar.

Die USA immer dominierender im Ölmarkt

Die Saudis verlieren gleich doppelt: Einerseits erreichte der Ölpreis nie die gewünschte Höhe, andererseits schwinden die Marktanteile am Rohölmarkt zunehmend, da sie weniger produzieren. Als grosse Profiteure stellen sich die US-Frackingunternehmen heraus, welche ihre Grenzkosten gemäss Toren inzwischen auf 30 bis 40 Dollar pro Barrel gesenkt haben und ihre Produktion derzeit auf Hochtouren laufen lassen. Ein Report der Internationalen Energieagentur zeigt, dass die US-Erdölförderung so hoch ist wie seit 1970 nicht mehr.

Und die Zeit läuft weiter für die amerikanischen Produzenten: Im Fracking, ein spezielles Bohrverfahren zur Gewinnung von Rohöl, schreitet der technologische Fortschritt sehr schnell voran. Die Produktionskosten werden dadurch immer tiefer. Zusätzlich fördert Präsident Trump die US-Energiewirtschaft, indem er etwa die Umweltschutzauflagen wegfallen lässt - was für die Fracking-Produzenten mit Kosteneinsparungen gleich kommt.

In diesem immer mehr von den USA dominierten Ölmarkt prüfen nun die Opec-Staaten sowie Nicht-Mitglieder wie Russland eine Verlängerung der Förderbremse um weitere sechs Monate - die USA selbst sind weder Opec-Mitglied, noch gewillt, an einer solchen Kürzung zu partizipieren. Ölexpertin Toren glaubt daher nicht, dass es tatsächlich zu einer Einigung kommen wird: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich ins eigene Fleisch schneiden und weitere Kürzungen beschliessen werden".

Für den Ölpreis liegt ob der aktuellen Situation deshalb kaum mehr Luft nach oben drin. In einer Analyse vom 22. März schreibt die Commerzbank: "Ein Rückgang des Brentölpreises unter die Marke von 50 Dollar je Barrel ist nur eine Frage der Zeit." Auch die ZKB teilt diese Einschätzung und sieht den Ölpreis bis Ende Jahr gar auf 40 Dollar fallen.