Einmal im Jahr tritt Steen Jakobsen, der Chefökonom der Saxo Bank, auf den Plan und provoziert die Finanzwelt mit seinen zehn – auf den ersten Blick – abstrusen Thesen für Märkte und Weltwirtschaft. Dieses Jahr sind ihm diese noch leichter gefallen als in den Jahren zuvor. Es herrsche derzeit ein Wohlbehagen und ein Optimismus an den Börsen, wie er es noch nie erlebt habe, sagt Jakobsen, und das mache ihm Angst. 

"Kein einziger Analyst an der Wall Street setzt 2013 auf sinkende Kurse. Das ist besorgniserregend", sagt Jakobsen, der seit 20 Jahren in der Finanzbranche tätig ist. Auch in der Schweiz zeigt sich ein ähnliches Bild. Bei sämtlichen Ausblicken für 2013 prognostizieren die Banken eine Fortsetzung der Aktienrally. 
 
«Franken steigt auf Rekordhoch»
 
Die aus Schweizer Sicht spannendste These betrifft die Frankenstärke. Das Szenario von Jakobsen sieht wie folgt aus: Die Risiken im Euro-Raum verschärfen sich, weshalb es zu einem erneuten Kapitalansturm auf die Schweiz kommt. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Regierung in Bern entscheiden, die Wechselkurs-Untergrenze aufzuheben. 
 
Damit soll verhindert werden, dass die Devisenreserven die Höhe des Bruttoinlandprodukts erreichen. Die Folgen sind fatal: Der Euro-Franken-Kurs fällt unter die Parität auf 95 Rappen – dem tiefsten Kurs aller Zeiten. Die Schweiz wird gezwungen sein, mit Kapitalkontrollen den Franken-Höhenflug zu stoppen. 
 
Einige Treffer in der Vergangenheit
 
In den vergangenen Jahren lag Jakobsen zum Teil sogar richtig: Mit seiner Erwartung, der Goldpreis werde auf 1800 Dollar steigen, war Jakobsen sogar noch zu zurückhaltend. Auch die Vorhersage, dass die Rendite 30-jähriger US-Staatsanleihen unter drei Prozent fallen werde, erwies sich als Treffer. Die vorhergesagte Übernahme von Facebook durch Apple kam dagegen ebenso wenig wie der Aufstand des US-Kongresses gegen die Stimulierungsmassnahmen von Fed-Chef Ben Bernanke.
 
Jakobsen weist darauf hin, dass die "outrageous predictions" keine offiziellen Prognosen der Saxo Bank für 2013 sind, sondern eher Gedankenspiele. "Paradoxerweise könnten sie sich für Investoren aber als weitaus relevanter erweisen", sagt der Chefökonom der Saxo Bank. Sein Ziel ist, die Experten und Investoren dazu zu bringen, auch andere Szenarien an den Märkten durchzudenken. 
 
Die weiteren neun provokanten Thesen der Saxo Bank lauten wie folgt:
 
1. Der Dax stürzt um einen Drittel auf 5000 Punkte ab.
2. Die japanischen Elektronikriesen werden verstaatlicht.
3. Der Preis für Sojabohnen steigt um 50 Prozent. 
4. Gold korrigiert und fällt auf 1200 Dollar.
5. Rohöl der Sorte WTI fällt auf 50 Dollar.
6. Der Dollar-Yen-Wechselkurs fällt in Richtung 60,00.
7. Hongkong koppelt den Hongkong-Dollar vom US-Dollar ab.
8. Mit Zinsen von 10 Prozent nähert sich Spanien der Pleite.
9. Die Rendite 30-jähriger US-Bonds verdoppelt sich.