Das gestern Donnerstag vom Telekommunikationskonzern Swisscom veröffentlichte Halbjahresergebnis liess kaum (Anleger-)Wünsche offen. Sowohl beim beim operativen Gewinn (EBITDA) als auch beim Reingewinn übertraf der Schweizer Marktführer die durchschnittlichen Analystenschätzungen klar. Gut kam auch die leichte Erhöhung der Zielvorgaben für den diesjährigen EBITDA an.

Auf den zweiten Blick offenbart der Zahlenkranz allerdings Schwächen: So war es dem Unternehmen nur dank Fastweb möglich, die Markterwartungen zu schlagen und die Zielvorgaben anzuheben. Die italienische Tochter profitierte ihrerseits von einer einmaligen Zahlung im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit.

Noch einen Schritt weiter geht der für RBC Capital Markets (Investment-Banking-Arm der Royal Bank of Canada) tätige Analyst. Wie er in einer Stellungnahme schreibt, weckt die Umstellung auf die inONE Kombiangebote falsche Hoffnungen. Auch wenn es vorerst nicht danach aussehe, sei die Marktdurchdringung von inONE mit geschätzten 5 Prozent gering und die Umstellung auf die neuste Generation von Kombipaketen mit Preisdruck verbunden, so der Analyst. Mit anderen Worten: Er wähnt den Marktführer unter den Schweizer Telekommunikationskonzernen im "perfekten Sturm".

Es droht eine Erosion der Erträge

Deshalb fackelt man bei RBC Capital Markets nicht lange und empfiehlt die Swisscom-Aktie mit "Underperform" zum Verkauf. Vom gerademal bei 340 Franken liegenden Kursziel lässt sich ein Rückschlagspotenzial von 30 Prozent ableiten.

Nachdem die Aktie sich in den vergangenen Monaten von den Jahrestiefstständen bei 430 Franken nach oben lösen konnte, errechnet sich seit Jahresbeginn ein Kursplus von gut 5 Prozent.

Swisscom-Aktie (rot) im 12-Monats-Vergleich mit dem SMI (grün) (Quelle: www.cash.ch)

Mit Sorgen beobachtet der Analyst die jüngsten Abonnentenzahlen. Wie dem Halbjahresergebnis entnommen werden kann, hat der Telekommunikationskonzern im zweiten Quartal im Mobilfunkbereich unter dem Strich 12'000 Abonnenten verloren. Im Festnetzbereich seien sogar deren 89'000 verlorengegangen, was gegenüber dem ersten Quartal einer Beschleunigung entspreche, so ergänzt der Analyst. Er lässt keinen Zweifel daran, dass diese Trends früher oder später in einer Ertragserosion enden.

Eine der am häufigsten zum Verkauf empfohlenen SMI-Aktien

Das könnte längerfristig auch negative Folgen für die Ausschüttungspolitik von Swisscom haben, gilt die für Schweizer Verhältnisse stolze Dividendenrendite von 4,6 Prozent doch als die Hauptattraktion der Aktie.

Der für RBC Capital Markets tätige Analyst befindet sich mit seiner Verkaufsempfehlung für die dividendenstarke Aktie übrigens in guter Gesellschaft. Erhebungen der Nachrichtenagentur AWP zufolge raten acht von 20 Experten zum Verkauf der Aktie. Dem stehen gerademal vier Kaufempfehlungen gegenüber. Das macht Swisscom zu einem der am häufigsten zum Verkauf empfohlenen Unternehmen aus dem Swiss Market Index.

Neben der Angst vor einer Ertragserosion ist vor allem die im europäischen Vergleich überdurchschnittlich hohe Bewertung (EV/EBITDA von 7,3 gegenüber 6,6) das am häufigsten genannte Argument. Mit 340 Franken liegt das Kursziel von RBC Capital Markets am ganz unteren Ende der Prognosenspannweite.