Das Wort Jahresend-Rallye mit seinen Anklängen an den Automobilsport war in den vergangenen Wochen oft zu lesen. Einen statistischen Beweis und keine Anhaltspunkte durch Zeitreihen, dass zum Jahresende die Kurse steigen sollen, gibt es nicht. Aber die Vorstellung, dass es eine Art Vorfreude vor Weihnachten geben kann, ist weit verbreitet.

Die cash-Redaktion hat deswegen eine Reihe von Experten nach ihrer Einschätzung gefragt. Aber nicht nur diese, sondern auch die Leserinnen und Leser des Online-Portals konnten ihre Meinung in der Umfrage abgeben. 69 Prozent oder fast 1100 Teilnehmer sagten, dass sie an die Jahresend-Rallye glauben. 31 Prozent oder knapp 500 cash-Leser sind entsprechend nicht davon überzeugt, das dieses Phänomen eintritt.

Die Expertenmeinungen decken sich damit. cash-Guru Alfred Herbert sagte im Börsen-Talk, dass er eine Jahresend-Rallye für möglich hält, und zwar aus technischen Gründen. Und nicht, weil die Unternehmenslandschaft der Schweiz so prächtige Drittquartals- und Dreimonatsergebnisse vorstellt - denn die Zahlen sehen nämlich weitherum eher schlecht aus.

Herbert geht vielmehr davon aus, dass die fortgesetzte Lockerungspolitik der Europäischen Zentralbank so viel Geld in die Märkte schwemmt, dass die Aktienkurse zwangsläufig steigen müssen. Die Anleger wissen sonst nicht, in welche anderen Anlageklassen sie ihr Geld sonst stecken sollen. Gabriel Bartholdi, Aktienstratege beim Beratungsunternehmen Wellershoff & Partners, formulierte es Mitte Oktober wie folgt: Im tiefen Zinsumfeld seien vor allem Aktien mit robusten Gewinnen und hohen Dividenden gefragt, was der Schweizer Markt mit dem hohen Anteil an Pharma- und Verbrauchsgüterunternehmen genau bieten würde.

Der SMI-Verlauf in den vergangenen drei Monaten zeigt die Erholungstendez seit dem Oktober (Grafik: cash.ch)

Doch ist der Start für die Rallye womöglich schon gefallen? Der SMI hat sich nach einem deutlichen Kursrückgang im August, als die Märkte wegen China verrückt spielten, wieder an die 9000-Punkte-Linie herangetastet und sie schon mehrfach überschritten. Anfang Oktober hatten in einer Umfrage unter Anlagespezialisten, die cash durchgeführt hatte, nur zwei von sieben Befragten gesagt, dass sie den SMI klar über 9000 Punkten sehen würden.

Und was tut die Fed?

Der Anleger tut gut daran, die Kurse im Moment genau zu verfolgen. Trotz negativer News aus der wirtschaftlichen und sonstigen Welt sind die Aktienmärkte gut unterwegs. Wer mitverdienen will, sollte vor allem auf bewährte Qualitätsaktien oder auf Papiere mit hohem Beta-Faktor achten.

Ausserdem sollte man die US-Notenbank Fed nicht zu sehr fürchten - oder besser, die Marktreaktionen auf Fed-Entscheide. Denn Janet Yellen könnte die Kursanstiege im Dezember mit einer Leitzinserhöhung beenden. Soeben hat die Notenbank-Chefin Worte fallen lassen, die sich als Hinweis auf einen Dezember-Zinsschritt deuten lassen können - genauer kann man es nicht formulieren.

Und obwohl immer wieder davon gesprochen wird, dass nach einer jahrelangen Diskussion um die Zinsanhebung die Entscheidungen der Fed, die noch folgen sollen, nun eingepreist seien: Wenn es dann wirklich geschieht, gibt es doch eine Schockwelle. Wie bei Dingen, die man längst erwartet, aber deren Wirkung sich erst entfaltet, wenn sie dann wirklich passiert sind. Es bleibt also spannend.