Immer wieder tastet sich der Swiss Market Index (SMI) in Richtung Allzeithoch vor. Über der Marke von 9531 Punkten (Schlussstand 1. Juni 2007) konnte der SMI in den letzten Wochen aber den Handel nie beenden. Am Freitagabend schloss der Leitindex bei 9428 Punkten, seit Jahresbeginn blickt er auf eine Performance von knapp 5 Prozent zurück. Angesichts des Kurssturzes von Mitte Januar eine ordentliche Leistung, doch im Vergleich mit den international bedeutenden Indizes EuroStoxx 50 (+14 Prozent) oder Nikkei (+18 Prozent) steht  die Schweizer Börse eher im Mittelfeld.

Die Hausse am SMI dauert nun schon seit mehr als sechs Jahren, hat sich im laufenden Jahr aber verlangsamt. Umso mehr stellt sich die Frage, ob Schweizer Anleger zu Recht skeptisch geworden sind gegenüber weiteren Avancen oder ob der weitere Jahresverlauf noch positive Überraschungen bereithält.

Derzeit steht der Markt noch im Bann der Berichtssaison zu den Halbjahreszahlen, die in vollem Gange ist. Je nach Branche sind diese bislang unterschiedlich ausgefallen. Während die Banken beeindrucken, haben vor allem Industriewerte Mühe mit dem starken Franken. Dass die Luft für gewisse Schweizer Aktien nach mehrjährigem Aufschwung dünn geworden ist, zeigte sich dabei mehrfach.

"Wenn die Firmen nicht überzeugen, werden sie an der Börse abgestraft. Denn die Hausse ist bereits sehr weit fortgeschritten", sagt dazu Roland Egger, Investment Spezialist bei der Privatbank Lombard Odier. Titel wie LafargeHolcim, EFG, Rieter, ABB oder Bucher wurden von den Anlegern wegen enttäuschender Ergebnisse aus dem Depot gekippt.

Neue Themen im Fokus

Jüngst drückten auch die Verwerfungen am chinesischen Aktienmarkt auf die Schweizer Aktienkurse, doch richtig nachhaltig beeindrucken liessen sich die Anleger davon nicht. Das dürfte auch in Zukunft so bleiben. "Die Turbulenzen am chinesischen Aktienmarkt dienten als grosses Stellvertreterproblem, das in Wirklichkeit viel weniger bedrohlich ist", sagt Caroline Hilb, Leiterin der Anlagestrategie bei der St. Galler Kantonalbank. Für die kommenden Wochen und Monate rücken deshalb andere Themen in den Fokus Schweizer Investoren.

Zuoberst auf der Liste steht eine mögliche Zinserhöhung der amerikanischen Notenbank (Fed). Mittlerweile wird dieser erste Schritt gemeinhin für September erwartet, an den Aktienmärkten dürfte er aber weitgehend eingepreist sein. "Ich sehe einer Zinserhöhung in den USA gelassen entgegen, weil es als Zeichen einer starken amerikanischen Wirtschaft gewertet wird", sagt Börsen-Profi Caroline Hilb. Ein möglicher Börsentreiber aus der Schweiz heraus wäre für sie hingegen die Trendwende bei den Gewinnrevisionen von hiesigen Unternehmen. "Die Abschlüsse des zweiten Quartals waren vielerorts geprägt von vorsichtigen Ausblicken. Allerdings schätze ich das als eher unwahrscheinlich ein", so Hilb. Dementsprechend traut die St. Galler Kantonalbank dem SMI bis Ende Jahr höchstens 9500 Punkte zu. Und auch das nur, wenn die amerikanischen Märkte für Support sorgen.

Wie viel ist schon eingepreist?

In einem ähnlichen Bereich liegt die Prognose von Thomas Della Casa. Der Anlagechef der Neuen Helvetischen Bank bekräftigt gegenüber cash die Marke von 9475 Punkten, die er bereits im Mai ausgegeben hatte. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) sieht einen technischen Widerstand bei 9470 Punkten. Mittelfristig rechnet sie mit einem Anstieg über diesen Stand und mit neuen Allzeithochs.

Auch der Zürcher Vermögensverwalter WMPartners hält neue Rekorde für realistisch. "9800 Punkte liegen bis Ende Jahr drin", sagt Anlagechef Urs Eilinger zu cash. Allerdings nur unter einer Bedingung: Wenn der Euro gegenüber dem Franken weiter zulegt und in den Bereich zwischen 1,08 und 1,10 vorstösst. In den letzten Tagen hat der Euro-Franken-Kurs zwischenzeitlich die Hürde von 1,07 erreicht, ist aber wieder auf unter 1,06 zurückgefallen. Dass sich der Franken derart abschwächt, hält Caroline Hilb für unwahrscheinlich. Der Schweizer Franken dürfte ihrer Meinung nach überbewertet bleiben, solange die Europäische Zentralbank ihre Geldschleusen weit geöffnet hält.

Mit deutlich fallenden Kursen rechnet Roland Egger von Lombard Odier: "Am Schweizer Aktienmarkt sehen wir in diesem Jahr nicht mehr viel Potenzial. Wir erwarten einen Jahresendstand von 9200 Punkten." Mehr traut er hingegen den Märkten in Europa und in Japan zu. Vorsichtig ist er gegenüber Schwellenländern.

Noch pessimistischer ist Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff. Im cash-Börsen-Talk sagte er jüngst: "Im SMI ist alles eingepreist, was an good news einzupreisen ist." Er rechnet deshalb damit, dass der Leitindex bis Ende Jahr noch einmal die Linie von 9000 Punkten durchbricht.