Viele Exponenten der Exportwirtschaft, Gewerkschaften und auch Vertreter der Schweizerischen Nationalbank (SNB) erhofften sich nach der Aufhebung der Kursuntergrenze und dem massiven Erstarken des Franken Kursverhältnisse von 1,10 bis zu 1,30 Franken zum Euro. Der Franken schwächte sich im Februar dann bis auf 1,08 pro Euro ab. 

Die letzten Wochen verliefen jedoch nicht im Sinne der Wünsche. Der Franken wertet sich gegen den Euro seit Ende Februar stetig und schleichend auf und erreichte Levels von 1,04. "Fällt der Euro in den nächsten Monaten wieder unter einen Franken", fragt cash seine Leser in der seit letzten Donnerstag aufgeschalteten Umfrage. Fast 2000 Leser haben bereits ihre Meinung kundgetan.

Das Ergebnis gestaltet sich ausgeglichen. 54 Prozent der Umfrageteilnehmer prophezeien in den nächsten Monaten einen Franken-Euro-Kurs unter Parität. Eine grosse Minderheit von 46 Prozent glaubt nicht daran, dass der Euro mittelfristig nochmals so tief fallen wird.

Diese Uneinigkeit der Leser ist sinnbildlich für die aktuelle Situation. Nach wie vor kehrt keine Ruhe im Kursverhältnis zwischen den beiden Währungen ein, Entwicklungen in beide Richtungen sind möglich. Der durch die Aufhebung des Mindestkurs aufgewirbelte Staub hat sich noch immer nicht gelegt.

Starker Franken ist problematisch

Die SNB unter der Führung von Präsident Thomas Jordan bekämpft die Frankenstärke vorab mit den Negativzinsen. Obwohl Jordan Anfang Februar angedeutet hatte, dass es Raum für eine weitere Senkung des Einlagensatzes gebe, sagte er vor zwei Wochen gegenüber Bloomberg, dass die SNB mit einem Einlagensatz von minus 0,75 Prozent bereits sehr weit gegangen sei. 

Auch gestandene Ökonomen können keine klaren Prognose abgeben. "Vielleicht geht der Kurs Richtung Parität", liess Hans-Werner Sinn neulich im Video-Interview verlauten. Der Präsident des einflussreichen Ifo-Instituts in München sprach im gleichen Interview auch die Gefahren der starken Heimwährung für die Schweizer Exportwirtschaft an und schlug eine Intervention oder eine Kontrolle des Devisenverkehrs mit dem Ausland vor, sollte es mit der Frankenerstarkung weiter gehen. "Denn es kann nicht sein, dass die Schweiz nur als Spekulationsobjekt verwendet wird", so Sinn.

Unmittelbar nach dem SNB-Entscheid zur Abschaffung des Mindestkurses war der Euro kurzzeitig auf 84,22 Rappen gefallen und befand sich damit in noch nie gesehenen Tiefen. Dieser abrupte Fall war eine der grössten Kursbewegungen bei grossen Währungen seit dem Zusammenbruch des Währungssystems von Bretton Woods im Jahr 1971.