Weil die neuen Regeln nur innerhalb der EU gelten, betreffen sie den Schweizer Finanzplatz jedoch nur am Rand.

Die Europäische Union knöpft sich auf ihrem Kreuzzug gegen die Steurflucht jetzt die Konstrukteure von Steuerfluchtvehikeln vor. Künftig sollen die Finanzberater oder ihre Kunden gegenüber der Steuerbehörde offenlegen müssen, wenn sie gewisse Finanzkonstrukte zur Steueroptimierung aufsetzen oder halten. Die EU zielt damit auf Finanzvehikel, mit denen zum Beispiel die Fussballstars Lionel Messi und Cristiano Ronaldo kürzlich für Schlagzeilen gesorgt haben.

Die Pflicht zur Deklaration eines solchen Konstrukts bedeute nicht zwingend, dass dieses schädlich sei, betonte vergangene Woche die EU-Kommission. Solche Konstrukte müssten jedoch den Steuerbehörden bereits vor ihrem Einsatz bekannt sein.

Als meldepflichtig bezeichnete die Kommission zum Beispiel den Aufschub von Verlusten oder ausgehandelte steuerliche Begünstigungen. Auch die Finanzdispositive, die in unzureichend regulierten Ländern aufgesetzt wurden, sollen meldepflichtig sein.

Nur europäische Kunden betroffen

Sollten die Vorschlägen der Kommission umgesetzte werden, müssten die EU-Staaten entsprechende Strafbestimmungen schaffen. Die Kommission hält dabei jedoch auch klar fest, dass die neuen Transparenzregeln lediglich innerhalb der EU gelten.

Ein Finanzberater ausserhalb der EU ist damit nicht verpflichtet, solche Konstrukte seines EU-Kunden zu melden. Für diesen selbst würde die Pflicht jedoch gelten, wie im Anhang zum Vorschlag ausgeführt wird.

Die Schweiz betrifft darum dieser neue Vorstoss der EU gegen Steuerumgehung nur indirekt. "Es ist noch zu früh, um die Auswirkungen abschätzen zu können", sagte Anne Césard vom Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) auf Anfrage der sda. Beim Vorstoss handle es sich zurzeit noch um ein Projekt, dem auch noch alle EU-Staaten zustimmen müssten.

Der Vorschlag wird konkret dem EU-Parlament zur Konsultation vorgelegt. Der EU-Rat muss anschliessend diesem zustimmen. Bei einer Zustimmung sollen die neuen Regeln am 1. Januar 2019 in Kraft treten.

Gelassenheit in der Schweiz

Auch für die Schweizerische Bankiervereinigung ist der neue Vorstoss der EU-Kommission zurzeit noch kein Thema, wie Sprecherin Daniela Lüpold auf Anfrage sagte. Sébastien Guex, Geschichtsprofessor an der Universität Lausanne, erstaunt diese Gelassenheit nicht. Für den Bankgeheimnis-Spezialisten ist klar, dass solche Transparenzregeln im Umfeld der Einführung des automatischen Informationsaustausches irgendwann in der Zukunft zur internationalen Norm werden.

Damit rücke jedoch die Frage nach der absoluten Höhe der Steuern in den Vordergrund, was ein Vorteil für den Standort Schweiz sei. Denn sobald die Schweiz die noch hängige Unternehmenssteuerreform umgesetzt habe, könne sie steuerlich sogar mit den günstigsten EU-Ländern mithalten.

Ein anderer Grund, warum das EU-Projekt in der Schweiz keine hohen Wellen wirft, sieht Guex im Umstand, dass die neuen Transparenzregeln auch die bisher weniger regulierten unabhängigen Finanzberater trifft. Das sorge bei diesen für steigende Kosten, was für die Banken im Kampf um die Kundschaft von Vorteil sei.

(AWP)