Die Motorwelt blickt im Moment auf eine immer schnellere Kadenz von E-Auto-Präsentationen einer steigenden Zahl von Herstellern. Ein Unternehmen aus der englischen Grafschaft Warwickshire bleibt aber traditionell. Aston Martin ist gewissermassen das Gegenteil von Tesla.

Die Marke, die durch die James-Bond-Filme Legendenstatus erhalten hat, konzipiert und baut sehr schnelle und damit nicht gerade verbrauchsgünstige Sportwagen. Auch in einem Aston Martin arbeitet High Tech. Doch das Bauprinzip ist im Grunde genommen noch so wie 1964, als sich Sean Connery als James Bond in "Goldfinger" das erste Mal ans Steuer eines solchen Autos setzte: Vorne unter der Haube ein starker Motor, hinten der Antrieb, dazwischen ein luxuriöses Interieur, und das ganze verpackt in fliessende, dynamische, für Autofans schlicht faszinierende Formen.

Nun bricht Englands Nischenhersteller etwas mit der Tradition. Aus den Werkshallen ist das Sports Utility Vehicle (SUV) mit der Bezeichnung DBX gerollt. Im Prinzip ist dies ein allradgetriebener Geländewagen, der wie ein Sportwagen aussieht und wahnsinnig teuer ausgestattet ist.

 

 

Der Motor kommt von Mercedes und hat 550 PS. Ein bisschen (mehr als) dekadent ist dieses 2,2 Tonnen schwere, extrem leistungsfähige Gefährt schon, das bald von sehr reichen, erfolgreichen und vielleicht auch etwas dubiosen Menschen durch die Strassen von London, Dubai oder Shanghai gesteuert werden wird.

Doch für Börsianer ist das alles wichtig. Beim Stichwort SUV werden auch Investoren hellhörig. Denn diese Autos sind das beliebteste Segment in der Industrie. Jeder Hersteller will darin möglichst gut abscheiden, und der Markt für besonders teure SUV ist lukrativ. Möglicherweise ist der börsenkotierten britischen Sportwagenlegende Aston Martin eine Meisterleistung gelungen.

Es ist abwärts gegangen: Der Kurs der offiziell «Aston Martin Lagonda Global Holdings plc» genannten Firma seit dem Börsengang 2018 (Grafik: Bloomberg).

Für den Aktienkurs von Aston Martin wäre dies sicherlich von Vorteil. Seit dem Börsengang im Oktober 2018 hat sich der Aktienkurs auf rund ein Zehntel reduziert. Die Verkaufszahlen der Autos entwickelten sich enttäuschend, das Unternehmen schrieb 2019 und ersten Halbjahr 2020 Verlust. Übrigens: Die Pläne für einen Elektro-Boliden – diese gab es bei diesen Traditionsunternehmen durchaus - wurden deswegen fallengelassen.

Kapitalbedarf und schwaches Pfund

Seit dem Börsengang mussten Grossaktionäre bereits Geld einschiessen. Dies verdeutlicht eines der Hauptprobleme, mit dem Aston-Martin-Aktionäre konfrontiert sind: Das Risiko von Kapitalerhöhungen. Die teure Entwicklung von Autos sorgt für immer neuen Kapitalbedarf. Aston Martin hat auch nicht den Ruf, das effizenteste Unternehmen zu sein. Dazu kommt, dass die Aktie in Pfund gehandelt wird, einer derzeit eher anfälligen Währung.

Inmitten dieser schwierigen Lage soll also das neue Luxus-SUV Absatzzahlen und Cash-Flows in die Höhe treiben. Jene, die das Auto schon gefahren sind, sind begeistert. Auch wenn der DBX einen Verbrennungsmotor hat – die Marke hat wohl das technologisch überzeugendste und innovativste Auto seit langem gebaut. Gegenüber der Konkurrenz sei das Auto sportlicher, liest man in den Fachmedien. Deutlich verbessert hat sich Aston Martin ganz offensichtlich auch dank der engeren Zusammenarbeit mit Daimler.

 

 

Es gibt Beispiele von Unternehmen, die durch ein einziges Produkt gerettet oder zur Blüte gebracht wurden. Ob ein neues Auto bei Aston Martin das gleiche schafft wie das iPhone bei Apple – voraussagen lässt sich dies nicht. 2021 will Ferrari mit einem Modell namens "Purosangue" ein ähnliches Supergefährt lancieren. Dann könnte der Vorsprung des DBX schon aufgeholt sein.

Originell wäre ein Investment bei Aston Martin allerdings schon. Deswegen folgender Vorschlag: Wer den Hype um Tesla leid ist und etwas wagen will, kauft sich eine kleinere Position mit Aston-Martin-Aktien. Eine Wette auf gute Absatzzahlen könnte interessant werden. Ganz ohne Zocker-Mentalität geht's aber nicht.