Der ursprünglich irische Brauch des "All Hallow's Eve" - heute Halloween genannt - findet jährlich am 31. Oktober statt. Beliebt ist das Gruselfest vor allem bei Kindern, die verkleidet von Haustüre zu Haustüre ziehen, "Süsses oder Saures" rufen und sich über Süssigkeiten freuen. Aber auch für Börsianer hat der Tag Bedeutung. Denn just um diesen Zeitpunkt startet für Aktien tendenziell auch die bessere Phase als in den Monaten von Mai bis September.

Dass es diesen "Halloween-Effekt" mit ansteigenden Börsenkursen ab Oktober tatsächlich gibt, beweisen verschiedene Studien. Beobachtungen des Dow Jones über die letzten 128 Jahre zeigen etwa, dass die durchschnittliche Monats-Performance im September negativ ist, dann aber von Oktober bis Januar überwiegend positiv ausfällt.

Auch die Schweizer Börse folgt diesem Trend, wie die durchschnittliche Performance seit 1994, berechnet nach Monaten, zeigt:

Quelle: Ned Davis Research

Die Schweizer Börse erlebt die stärksten Kursanstiege von Oktober bis Januar. Der beste Monate ist der Dezember, mit durchschnittlichen plus 1,72 Prozent. Von Mai bis September hingegen herrscht oftmals Flaute. Der September ist dann mit minus 1,36 Prozent im Schnitt der schlimmste aller Börsenmonate. 

Aber auch wenn die Wintermonate üblicherweise gut performen, zeigen sie auch hohe Schwankungsbreiten. "Statistisch kann man das Phänomen der Jahresend-Rallye also belegen, allerdings sind die Schwankungen der Monate November und Dezember über die Jahre sehr hoch", fasst Thomas Steinemann, Chief Investment Officer der Bank Bellerive, die Beobachtungen zusammen.

Im letzten Jahr kam es zum Beispiel im Dezember zu einem Kurseinbruch - und nicht zur gemäss Statistik erwarteten Rallye. Und der an der Börse häufig beobachtete Januareffekt - mit steigenden Kursen zu Jahresbeginn - traf die letzten drei Jahre am SMI nie ein. Es ist deshalb kaum sinnvoll, die Anlagestrategie nach solchen Monatsstatistiken aus der Vergangenheit auszurichten.

Das sehen auch Experten so: "Es hat eine gewisse Willkür, bei Investitionen auf den Kalendermonat zu schauen", meint Daniel Egger, Anlagechef der Zürcher Privatbank Maerki Baumann, gegenüber cash. Wichtiger sei eine Betrachtung der Fundamentaldaten.

Kein Bärenmarkt in Sicht

Und wie sieht die Lage im Schlussquartal 2016 aufgrund der Fundamentaldaten aus? Laut Steinemann stehen die Chancen auf eine Rallye derzeit gut: "Ein Wahlsieg von Hillary Clinton in den USA könnte dem Markt helfen. Wenn die Fed im Dezember auf die Zinserhöhung verzichtet, dann würde dies steigende Kurse beschleunigen." Die Wahrscheinlichkeit eines Dezember-Zinsschrittes stehen nach Einschätzung des Bellerive-Anlagechefs im Moment bei etwa 50 zu 50.

Auch Egger geht grundsätzlich davon aus, dass sich in den nächsten Wochen und Monaten noch Zukaufmöglichkeiten ergeben werden. Ein Bärenmarkt zeichne sich nicht ab. "Kleinere Rückschläge können für den Aktienaufbau benutzt werden. Zunächst sollten aber die US-Wahlen abgewartet werden." 

Doch gibt es auch skeptischere Stimmen am Markt: "Steigende Aktienpreise werden sehr selektiv bleiben", meint Gabriel Bartholdi, Aktienstratege beim Beratungsunternehmen Wellershoff & Partners. Er sieht als Haupttreiber der Aktienmärkte die Gewinnentwicklungen. Für Firmen aus den USA, aus Europa und aus dem Swiss Market Index seien steigende Gewinne eher unwahrscheinlich.

Dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, hat am Donnerstag auch das SMI-Schwergewicht Nestlé am eigenen Leibe erfahren: Zwar hat der Nahrungsmittelkonzern, wie üblich bei ungeraden Quartalszahlen, keine Gewinnzahlen publiziert, doch musste überraschend das Wachstumsziel nach unten korrigiert werden. Die Folge war ein Kursverlust der Aktie von bis zu 1 Prozent. Nestlé dürfte im Rahmen der Drittquartalszahlen in der Schweiz nach Ansicht von Marktbeobachtern nicht die einzige Enttäuschung bleiben.

Wo lohnt sich ein Einstieg?

Bartholdi sieht jedoch auch Positives: Gute Zahlen seien etwa im Schweizer Small- und Mid-Cap-Bereich zu beobachten, wobei die Bewertungen teilweise schon sehr hoch seien. Auch aus den Schwellenländern kämen inzwischen bessere Zahlen. "Es sind ein paar Lichtblicke, wo sich ein Investment lohnen könnte."

Während Bartholdi gezielt auf eher kleinere Titel setzt, sieht Steinemann von der Bank Bellerive einen "Regimewechsel" kommen: "Am Schweizer Markt spricht das Umfeld wieder mehr für die Blue Chips, weil sie global besser abgestützt sind. Die Begünstigung der Small und Mid Caps durch den Markt halte ich für nicht mehr gerechtfertigt."

Die Meinungen über die Börsenentwicklung in den kommenden Wochen und Monaten gehen also auseinander. Soviel steht aber fest: Für eine veritable Jahresend-Rallye müssten sich die grosskapitalisierten Aktien stark erholen. Derzeit steht der SMI im Vergleich zum Jahresanfang um 8,6 Prozent tiefer. Nur 7 der 20 enthaltenen Grosskonzerne-Aktien sind überhaupt im Plus.