Am Thema Milch scheiden sich die Geister: Während von den Schweizer Bauern meistens nur Gejammer wegen deren Preiszerfall zu hören ist, laufen die Geschäfte für die grossen Verarbeiter prächtig. Bei Emmi und Hochdorf, den beiden bekanntesten Milchverarbeitern in der Schweiz, sprudeln nicht nur die Gewinne, auch die Aktienkurse zeigen seit geraumer Zeit fast ausschliesslich nach oben, wie der folgende Chart zeigt.

 

Kursverlauf von Hochdorf (rot) und Emmi (grün) in den letzten 12 Monaten (Quelle: cash.ch)

Besonders beeindruckend ist die jüngste Entwicklung der Hochdorf-Aktie. Ein Blich aufs Kurstableau zeigt: In den letzten drei Monaten verteuerte sich der Titel um 42 Prozent, seit Anfang Jahr sind es 57 Prozent. Nur fünf  andere Schweizer Aktien (Goldbach, AFG, SNB, Bachem, Looser) haben in diesem Zeitraum mehr dazugewinnen können.

Einerseits hat Hochdorf unter dem CEO Thomas Eisenring (im Amt seit 1. Juni 2013) die Strategie angepasst, die Effizienz deutlich gesteigert und den Reingewinn vervielfacht. Ende 2012 erzielten die Luzerner einen Verlust von 35 Millionen Franken. Zum ersten Halbjahr 2016 lag der Gewinn bereits bei 11 Millionen.

Andererseits wurde die Hochdorf-Aktie in jüngster Zeit stark von zweierlei Phantasien angetrieben: Die angekündigte Übernahme des Babynahrungs-Herstellers Pharmalys und der bevorstehende Infrastruktur-Ausbau in Sulgen.

Fokus weg vom Milchpulver

Durch die Integration von Pharmalys soll der Konzernumbau weiter vorangetrieben und der Umsatzanteil vom Magermilchpuler hin zur Babynahrung weiter verschoben werden. "Baby Care ist viel margenstärker als das klassische Geschäft und es ist nicht so einfach zu kopieren", sagte CEO Eisenring kürzlich gegenüber der Nachrichtenagentur AWP.

In diesen Bereich fällt auch das Grossprojekt in Sulgen. Dort soll zusätzliche Kapazität bei der Herstellung und Abfüllung von Babynahrung geschaffen werden, weil derzeit die Produktion am Limit läuft. Die Anlage soll bereits im vierten Quartal 2017 in den Testbetrieb gehen. Deshalb kommt nun eine kapitalintensive Zeit auf Hochdorf zu, wie Remo Rosenau von der Neuen Helvetischen Bank im Gespräch mit cash sagt: "Das birgt Risiken, ermöglicht aber auch langfristige Gewinnsteigerungen."

Hochdorf ist systemrelevant wie die UBS

Hochdorf ist mit Blick auf die Besitzverhältnisse ein Spezialfall. Der grösste Aktionär sind mit 10 Prozent die Zentralschweizer Milchproduzenten. Sie sind gleichzeitig wichtige Kunden und Rohstofflieferanten. "Sie haben ihren Anteil sukzessive ausgebaut, weil sie vermutlich ein Interesse daran haben, dass Hochdorf in Schweizer Händen bleibt", sagt Analyst Rosenau. Denn Hochdorf sei für den Schweizer Milch- und vor allem Milchpulvermarkt wohl ähnlich systemrelevant wie es die UBS für den Finanzplatz ist.

Kommt die Mehrheitsbeteiligung von Pharmalys zustande, ändern sich diese Besitzverhältnisse. Denn Hochdorf will einen Teil des Übernahmepreises mit Aktien bezahlen. Ronald Wildmann von Research Partners rechnet damit, dass Pharmalys dann rund 15 Prozent der Stimmrechte haben dürfte.

Das muss aber nicht unbedingt ein Nachteil für die aktuellen Grossaktionäre sein: "Durch die Integration von Pharmalys ändern sich zwar die Besitzverhältnisse zuungunsten der Milchbauern, gleichzeitig habe sie aber die Aussicht auf deutlich höhere Umsätze und Gewinne", so Wildmann gegenüber cash.

Aktien-Experte werden vorsichtig

Aber wieviel Potenzial steckt noch in der Aktie drin? Der heftige Anstieg der letzten Monate hat schon einiges an Kursfantasie vorweg genommen, sind sich die Experten einig. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis fürs kommende Jahr von 17 sind die Titel auch sicher kein Schnäppchen mehr. Auch Analyst Wildmann ist vorsichtig geworden. Unlängst hat er sein Rating von "Kaufen" auf "Halten" reduziert. Das Kursziel beliess er bei 250 Franken – 6 Prozent unter dem aktuellen Kurs von 265 Franken.