Bis Jahresende soll sie "börsenreif" sein. Aber die Entscheidung, ob und wann Traton tatsächlich an die Börse geht, sei noch nicht gefallen, heisst es stereotyp aus dem Wolfsburger Konzern. Ein Grund dafür ist: Der Teufel steckt im Detail. Denn der bereits börsenotierte Münchner Lastwagen-Hersteller MAN, der zusammen mit der schwedischen Schwester Scania in Traton aufgehen soll, muss erst umgebaut werden. Für VW wäre es am lukrativsten, wenn das noch in diesem Jahr über die Bühne ginge. So oder so: Vor April 2019 dürfte Traton sein Börsendebüt nicht feiern.

Das Geschäft mit Generatoren und anderen Dieselmotoren sowie die Getriebe-Tochter Renk, die ebenfalls zu MAN gehören, haben nichts mit dem Lkw-Geschäft zu tun und sollen deswegen nicht Teil von Traton werden, sondern zunächst bei Volkswagen bleiben. Wie die Aufspaltung vonstattengehen soll, lässt VW bisher offen. Theoretisch gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder werden MAN Diesel und Renk aus der MAN SE ausgegliedert und an VW weitergereicht. Oder das Lkw-Geschäft wird an Traton abgegeben, die börsennotierte MAN SE bestünde dann nur noch aus Renk und MAN Diesel.

Die zweite Variante wäre für VW weit attraktiver: Denn damit liessen sich laut MAN "erhebliche" stille Reserven - vermutlich in Milliardenhöhe - heben, weil das Lkw-Geschäft heute deutlich mehr wert ist als es in der Bilanz angesetzt ist. Das würde den Gewinn von MAN aufblähen - und den müsste VW noch nicht einmal mit den MAN-Kleinaktionären teilen, wenn die Abspaltung vor dem Jahresende vollzogen wird. Denn nur noch bis 31. Dezember läuft der Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag. So lange bekommen alle MAN-Aktionäre ausser VW eine festgelegte Garantiedividende von 5,50 Euro je Aktie - völlig unabhängig vom Gewinn oder Aktienkurs.

Fast ein Viertel der Aktien waren zuletzt noch nicht in der Hand von Volkswagen oder Traton. VW hat den Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag im Sommer gekündigt - weil er teuer ist und beim Börsengang von Traton stört. Die Kündigung zieht ein erneutes Pflichtangebot an die treuen Kleinaktionäre nach sich. Sie können sich von Januar 2019 an zwei Monate lang entscheiden, ob sie ihre Aktien für 90,29 Euro an VW verkaufen wollen oder nicht. Derzeit tendieren die meisten eher zu: nicht.

Ein erstes Kaufangebot von VW und Traton in gleicher Höhe war am 8. Oktober ausgelaufen. Doch MAN hat das Ergebnis auch zwei Wochen später noch nicht veröffentlicht. Insider gehen daher davon aus, dass es keinen grossen Anklang gefunden hat, obwohl abgabewilligen Aktionären sogar nachgezahlte Zinsen für vier Jahre winkten. Das Angebot wurde fällig, weil MAN-Aktionäre in einem Spruchverfahren eine Aufstockung der Garantiedividende und der Abfindung erzwungen hatten. Doch MAN-Stammaktien liegen an der Börse mit 90,60 Euro noch immer über der Offerte.

Ein Teufelskreis

Gut drei Milliarden Euro würde es sich VW kosten lassen, die übrigen MAN-Aktionäre aus dem Unternehmen zu drängen. Dann hätte der Konzern bei der Umstrukturierung von MAN auch im neuen Jahr freie Hand.

Traton-Chef Andreas Renschler schwebt ein Erlös von mehr als sechs Milliarden Euro aus dem Börsengang vor. Damit könnte er die Beteiligung am US-Truck-Hersteller Navistar ausbauen und die Lücke auf dem nordamerikanischen Markt schliessen. Doch Banker sind skeptisch, dass er so viel bekommt. "Dazu müsste Volkswagen deutlich mehr als 25 Prozent der Anteile abgeben - doch das täte der Konzern nur bei einer höheren Bewertung", rechnet einer von ihnen vor. Ein Teufelskreis, wie ihn schon Siemens mit der Medizintechnik-Tochter Healthineers erlebt hat. Auf bis zu zehn Milliarden Euro wurde ihr Emissionsvolumen veranschlagt. Am Ende trennte sich der Münchner Konzern nur von 15 Prozent seiner Anteile und erlöste damit 4,2 Milliarden.

Bis Volkswagen loslegen kann, wird es also Frühjahr werden. Das wiederum würde zu dem Zeitplan der Investmentbanker passen: Sie brauchen vom offiziellen Auftrag bis zur Erstnotiz etwa ein halbes Jahr. Das würde im besten Fall reichen, um Traton im April kurz vor Ostern an die Börse zu bringen. Ansonsten wäre das nächste Fenster erst Ende Mai/Anfang Juni, weil aktuelle Geschäftszahlen für den Börsenprospekt nötig sind.

(Reuters)