Es ist vorbei mit der Heiterkeit an der Börse: Das Oktobertief hat auch den Schweizer Aktienmarkt voll erwischt. Die Kurse purzeln gleich reihenweise, nicht selten im zweistelligen Prozentbereich bei Einzeltiteln. Über sechs Prozent hat der Swiss Performance Index (SPI) im laufenden Monat bereits korrigiert.

Börsenstars von gestern sind plötzlich die Buhmänner. Da wären etwa der Halbleiterhersteller AMS und der Vermögensverwalter GAM.  Zumindest AMS war bis ins Frühjahr ein Börsenüberflieger, nun ist die Aktie ins Bodenlose gefallen.

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Doch GAM und AMS sind nur die Spitze des Eisbergs bei den kriselnden Schweizer Aktien. cash hat in den Tiefen des Swiss Performance Index (SPI) gewühlt und ist auf diverse Titel gestossen, die derzeit sogar auf Mehrjahrestiefs notieren. Fünf besonders auffällige Tiefflieger, von denen einige langfristig gesehen jetzt eine Investition wert sein könnten.

U-Blox - Wachstumstreiber dringend gesucht

Im Schatten von AMS macht das ebenfalls in der Halbleiterbranche tätige Thalwiler Unternehmen U-Blox eine schwierige Zeit durch: Ende August mussten die Jahresziele 2018 nach unten korrigiert werden. Im ersten Halbjahr gab es für die wichtige Region Asien-Pazifik einen Umsatzrückgang von fast 20 Prozent. Das war natürlich Gift für den Aktienkurs, der nun auf den tiefsten Stand seit vier Jahren gefallen ist. In diesem Jahr beträgt das Minus satte 41 Prozent.

Für ein Unternehmen, welches sich dem Wachstum verschrieben habe und sich in Trendthemen wie Chips für das Internet der Dinge positioniere, seien zweistellige Wachstumsraten Pflicht, merkt Baader Helvea kritisch an. Immerhin: In Europa erfüllt U-Blox mit einem Umsatzplus von 35 Prozent im ersten Halbjahr diese Vorgabe locker. Nun soll mittels einem stärken Fokus auf den Vertrieb in China der Umsatz wieder auf Kurs gebracht werden. Am Investorentag vom 21. November erhoffen sich Aktionäre mehr Angaben zur künftigen Strategie.

Mutige Anleger können bereits jetzt einen Anstieg wagen: Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) 2018 von unter 15 ist die Aktie wieder günstig bewertet.

Autoneum - Von einer Gewinnwarnung zur nächsten

Mit einem KGV 2019 von gerade Mal 8 zählt der Autozulieferer Autoneum zu den grössten Schnäppchen am Schweizer Aktienmarkt überhaupt. Doch günstige Bewertungen haben immer einen Grund: Mitte Oktober musste das Management bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr eine Gewinnwarnung publizieren. Als Folge fiel die Aktie - vom Allzeithoch Ende Januar bei 317 Franken - auf inzwischen 164.50 Franken. Das ist der  tiefste Stand seit Februar 2015. Die weitere Gewinnentwicklung beim global führenden Anbieter im Bereich Hitze- und Lärmdämmungen für Personenwagen bleibt höchst ungewiss.

Aktienkurs von Autoneum seit Januar 2015, Quelle: cash.ch

Autoneum ist zwar gut aufgestellt, doch leidet die Firma unter einem schwierigen Umfeld in der Automobilindustrie. Gemäss der Helvetischen Bank kämpft die Autobranche gegen sinkende Absatzzahlen, gegen höhere Rohstoffkosten und hausgemachte Probleme einiger Grossanbieter ("Dieselgate"). Ein Preisabschlag ist in dieser Branche daher gerechtfertigt, auch wegen einer erwarteten zusätzlichen Eintrübung am Automarkt. Die Analysten sind vorsichtig, überwiegend wird der Titel auf "Halten" eingestuft. Wer die Ängste am Automobilmarkt und der Konjunktur für übertrieben hält, dem bietet sich eine Einstiegschance.

Rieter – Aktivist hält Aktie für unterbewertet

Langjährige Börsenbeobachter mögen sich erinnern: Bis 2011 waren Rieter und Autoneum (damals noch "Rieter Automotive Systems") noch dieselbe Firma. Rieter ist nach der Autoneum-Abspaltung noch im Bereich Textilmaschinen tätig. Einer Branche also, die eher als etwas verstaubt und antiquiert gilt.

Operativ befindet sich dieses sehr zyklische Geschäft in einer schwierigen Phase. Die Bestellungen sind auf einem tiefen Niveau, die Prognose für das Gesamtjahr musste mit dem Halbjahresbericht reduziert werden. Rieter ist darauf angewiesen, dass sich die wichtigsten Absatzmärkte - das sind in erster Linie China, Indien und die Türkei - wieder etwas erholen. Die Aktie ist nun bei unter 132 Franken, was den tiefsten Stand der letzten dreieinhalb Jahre bedeutet.

Aktionärsaktivist Gregor Greber bezeichnet die Rieter-Aktie als "unterbewertet". Muss er ja auch, denn seine Investmentfirma Veraison hat Ende Juli ihren Anteil bei Rieter auf über 5 Prozent erhöht. Das KGV 2019 von 15 ist nach dem Börsensturz ok, aber nicht super. Attraktiver ist die Dividendenrendite von 3,8 Prozent.

MCH Group – Rückzug von Swatch als grosser Schocker

Brutal ist auch der Kurszerfall bei MCH Group: Minus 60 Prozent seit Jahresbeginn. Die Aktie bewegt sich nun um Werte bei knapp über 25 Franken – so tief wie seit April 2009 nicht mehr. Das Messegeschäft ist unter Druck, vor allem der Ende Juli bekanntgegebene Rückzug des Uhrenherstellers Swatch von der Baselworld – die Ausstellung galt lange als die grosse Geldmaschine von MCH – drücken auf den Kurs. Der seit 2003 amtierende CEO René Kamm musste dieses Jahr gehen - die Probleme aber blieben. Hinderlich für eine rasche Restrukturierung ist auch die öffentliche Beteiligung am Unternehmen.

Für das Gesamtjahr geht MCH von einem Verlust in bis zu dreistelliger Millionenhöhe aus, Dividende gibt es bis auf weiteres keine. Das traditionelle Messe-Geschäft harzt, die künftige Strategie ist unklar. Der bereits 60-jährige Däne Hans-Kristian Hoejsgaard leitet MCH derzeit ad Interim. Immerhin gibt es einen Funken Hoffnung: In den USA wurde 2017 die Event-Marketing-Spezialistin MC2 übernommen, die bereits 2018 mehr als ein Drittel des Gesamtumsatzes ausmachen könnte. Die Zukunft scheint bei MCH vor allem im Ausland zu liegen. Von einem Investment ist vorerst abzusehen.

Newron – Die Lieblings-Aktie im cash-Forum

Im cash-Forum – der grössten Online-Diskussionsplattform für Finanzthemen in der Schweiz – kommt das Forenthema "Newron" auf ganze 47‘767 Einträge. Somit ist das Biotech-Unternehmen Newron aus Bresso in Italien die mit Abstand meistdiskutierte Aktie im ganzen cash-Forum. Erstaunlich für einen Titel mit einem Börsenwert von lediglich 140 Millionen Franken. Und einer ernüchternden Kursentwicklung in den letzten Jahren: Von fast 36 Franken Anfang 2015 auf bloss 8 Franken heute.

Kursentwicklung Newron-Aktie in den letzten vier Jahren, Quelle: cash.ch

Newron-Aktionäre mussten Jahre von grossen Hoffnungen und noch viel grösseren Enttäuschungen durchleben. Mit Xadago, einem Medikament gegen Parkinson, ist seit einiger Zeit ein Mittel von Newron in Europa und den USA auf dem Markt. Nur wurde Xadago bisher den hohen Erwartungen nicht gerecht.

Im ersten Halbjahr fiel Newron wieder in die Verlustzone zurück. Doch besteht weiter Hoffnung: Die liquiden Mittel sollen gemäss firmeneigenen Angaben mindestens bis Ende 2020 ausreichen und weitere Medikamente sind in der Pipeline, etwa Sarizotan (gegen das sogenannte Rett-Syndrom) und Evanamide (bei Schizophrenie).

Hinweis: Diskutieren Sie im cash-Forum über Newron und diverse andere Aktien

Am 31. Oktober wird das Management-Team von Newron in New York im Rahmen des "R&D Day" über den finanziellen Ausblick berichten und ein Update zur klinischen und kommerziellen Pipeline geben. Dass es am Mittwoch nach Jahren des Leidens zu erlösenden News für die Newron-Aktionäre kommen wird, ist höchst unwahrscheinlich. Die Aktie eignet sich ausschliesslich für Zocker - und Masochisten.