Der Hauptsitz der UBS am Paradeplatz in Zürich liegt nur ein paar Schritte von jenem der Credit Suisse (CS). Dennoch könnte das Geschäftsmodell der beiden Grossbanken unterschiedlicher nicht sein: Während sich die UBS in den vergangenen drei Jahren nach und nach aus dem kapitalintensiven Investmentbanking zurückgezogen hat, hält die kleinere Erzrivalin unbeirrt daran fest.

Zumindest für die Märkte steht der Gewinner fest: Seit den Tiefstkursen von März 2009 hat sich die Aktie der UBS um 122 Prozent gesteigert, die Dividendenzahlungen der letzten Jahre miteingerechnet. Die Aktie der CS bringt es in dieser Zeit nur auf ein Plus von rund 56 Prozent.

UBS erhält Vorschusslorbeeren…

Hintergrund: Mit dem vor drei Jahren eingeleiteten strategischen Kurswechsel hat die UBS eine grundlegende Neubeurteilung und –bewertung erfahren. Heute wird die UBS an der Börse mit dem 1,3-fachen Buchwert und dem 18-fachen für dieses Jahr geschätzten Gewinn bewertet (KGV).

Das entspricht sowohl einem Aufschlag gegenüber dem europäischen Bankensektor als auch gegenüber der CS. Der Börsenwert der CS entspricht ziemlich genau dem Buchwert sowie dem 13-fachen diesjährigen Gewinn.

…und das nicht ohne Grund

Damit ist die CS-Aktie günstiger als jene der UBS bewertet, hat diese doch bereits Vorschusslorbeeren für die geringere Kapitalbindung und die höhere Eigenkapitalrendite erhalten. Das bringt uns zu den Dividendenaussichten.

Auf Basis der im Frühling ausbezahlten Dividenden errechnet sich bei der CS eine Rendite von 2,8 Prozent, bei der UBS sogar nur eine von 1,5 Prozent. Analysten zufolge könnte sich dies jedoch schon bald ändern. Denn gemäss Schätzungen von Kepler Cheuvreux wird die grössere der beiden Grossbanken im kommenden Frühjahr neben einer regulären Ausschüttung von 0,50 Franken zusätzlich eine Sonderdividende von 0,25 Franken je Aktie entrichten.

Aus heutiger Sicht entspräche das einer Rendite von 4,4 Prozent. Über die nächsten fünf Jahre rechnet der verantwortliche Analyst sogar damit, dass insgesamt 26 Milliarden Franken oder 7 Franken pro Titel den Weg zu den Aktionären finden.

CS die Gefangene des eigenen Geschäftsmodells

Die CS-Aktionäre hätten dann das Nachsehen. Denn die kleinere der beiden Grossbanken ist noch immer etwas schwach auf der Lunge, was die Eigenkapitalsituation anbetrifft. Ende September lag die Kernkapitalquote bei 9,8 Prozent. Vom firmeneigenen Ziel eines Leverage Ratio von 2,8 bis 3 Prozent lässt sich eine angestrebte Kernkapitalquote von rund 12,5 Prozent ableiten, so rechnet der für die Rivalin UBS tätige Analyst.

Er befürchtet, dass die Risikoaktiven durch strengere regulatorische Rahmenbedingungen sogar noch aufgebläht werden und macht bei der CS eine Eigenkapitallücke von bis zu 10 Milliarden Franken aus. In diesem Zusammenhang werde eine Kürzung der für das laufende Jahr auszurichtenden Dividende von 0,70 auf 0,50 Franken je Aktie für unausweichlich. Rein rechnerisch entspricht dies dann einer eher mageren Rendite von 2 Prozent.

CS mit mehr als einem Ass im Ärmel

Mit ein Grund für die tiefere Kernkapitalquote ist das weiterhin vorwiegend auf das Investmentbanking ausgerichtete Geschäftsmodell der CS. Abhilfe könnte hier ein strategischer Kurswechsel nach dem Vorbild der UBS schaffen. Ob die Stellung der CS im Private Banking stark genug für einen solchen Befreiungsschlag ist, wird in Branchenkreisen jedoch bezweifelt.

Möglicherweise deshalb kursieren schon seit Monaten Gerüchte über eine Annäherung zwischen der CS und Julius Bär. Grosse Unbekannte bleibt in diesem Zusammenhang der noch offene Vergleich im US-Steuerstreit, welcher die Zürcher Traditionsbank bis zu einer Milliarde Franken kosten könnte.

Auch über einen Rücktritt von CEO Brady Dougan wird an den Märkten immer mal wieder spekuliert. Doch nicht zuletzt dank der Unterstützung der Grossaktionäre aus dem Nahen Osten sitzt Dougan noch immer fest im Sattel. Sollte der in den vergangenen Jahren nicht gerade erfolgsverwöhnte CEO seinen Sessel doch noch eines Tages räumen müssen, würde die Aktie Händlern zufolge wohl positiv reagieren.

Die UBS-Aktionäre können sich im Hinblick auf die nächsten 12 Monate demnach gemütlicher zurücklehnen als die CS-Investoren. Vermutlich erhalten die UBS-Aktionäre schon im April einen ersten Vorgeschmack auf den "Geldregen" der kommenden Jahre. Jene der CS müssen hingegen geduldig sein, scheint eine Dividendenkürzung doch unausweichlich. Allerdings hat die Grossbank gleich mehrere Asse für ihre Aktionäre im Ärmel. Fragt sich nur, ob sie diese zum richtigen Zeitpunkt ausspielt und der eigenen Aktie so schon bald neues Leben einhauchen kann.