IWC Schaffhausen war schon immer ein Sonderfall in der Schweizer Uhrenindustrie. Das Unternehmen wurde von einem Amerikaner gegründet und liegt an der deutschen Grenze, fernab von der Zusammenballung anderer Hersteller. Jetzt unternimmt das Unternehmen einen weiteren Schritt, von dem man spontan eher abraten würde.

Der Uhrenhersteller steckt mehr Ressourcen in die USA, einen Markt, der sich für die berühmten Schweizer Marken als schwierig erwiesen hat, weil die Konsumenten dort nicht die gleiche Wertschätzung für komplizierte Zeitmesser haben wie die Menschen in Europa und Asien, die grösste Wachstumsquelle der Branche. Stattdessen hat die Apple Watch die USA im Sturm erobert, was es immer schwieriger macht, die Käufer davon zu überzeugen, Tausende Dollar für etwas auszugeben, das sie als Spielerei empfinden, das vor allem eines tut: Die Zeit (und wahrscheinlich weniger genau als eine Smartwatch) anzuzeigen.

Aber jetzt spürt IWC in den USA einen "Zündfunken", wie CEO Christoph Grainger-Herr es ausdrückt. "Es gibt eine Zielgruppe, die für die Botschaft einer mechanischen Uhr aufgeschlossener ist als zuvor", sagte er.

Gutes Timing

Es ist eine Verschiebung zum richtigen Zeitpunkt. Erst in der vergangenen Woche hatte die Muttergesellschaft Richemont signalisiert, dass sich das chinesische Umsatzwachstum verlangsamt hat, und warnte vor einer Beeinträchtigung der Nachfrage durch Handelsstreitigkeiten. Asien bleibt mit Abstand der wichtigste Markt für die meisten Uhrenhersteller: Die Schweizer Uhrenexporte nach China und Hongkong stiegen in den letzten zwei Jahren jeweils um 30 Prozent, verglichen mit einem Plus von zwei Prozent in den USA. IWC hat 23 Läden in China, verglichen mit sechs in den USA.

Unter der neuen Führung hat IWC mutige Pläne für die USA. Der 40-jährige Grainger-Herr will im nächsten Jahr vier Verkaufs-Outlets eröffnen, mit einem Schwerpunkt auf die Ost- und Westküste sowie Texas und Atlanta. Innerhalb von fünf Jahren will er den Umsatz in dem Land mehr als verdoppeln, der laut den Schätzungen der Bank Vontobel AG im letzten Jahr bei rund 80 Millionen Franken (70 Millionen Euro) oder einem Zehntel des Gesamtbetrags lag.

Die Marke hat den Schauspieler Bradley Cooper als Botschafter gewonnen und wird in den kommenden Jahren zwei weitere Marketingkampagnen für den amerikanischen Kontinent einführen. IWC hat im vergangenen Jahr den ersten Online-Shop in dem Land gestartet.

IWC ist gut positioniert, um von einer Renaissance der mechanischen Uhren in den USA zu profitieren: Die Marke hat erschwinglichere Preise als Patek Philippe und viele Rolex-Uhren, und sie verfügt über ein starkes Angebot an Uhren mit den Themen Luftfahrt, Militär und Sport, die in der Regel in den USA gut gehen. Zu den Bestsellern zählen die Modelle Pilot und Portugieser, die normalerweise für 4000 bis 8000 US-Dollar erhältlich sind. Das Unternehmen bietet jedoch auch einige ultra-hochpreisige Uhren an, die soviel wie ein Einfamilienhaus kosten. Zu den Wettbewerbern zählen Breitling und Jaeger le Coultre, die ebenfalls zu Richemont gehört.

"Es ist wahrscheinlich ein gutes Produkt für die USA, da es Luxus ist, aber ohne die hohen Preise, die einige sehr komplizierte Uhren haben", sagte Bassel Choughari, Analyst bei Syz Asset Management in London.

Die 1868 vom amerikanischen Uhrmacher Florentine Ariosto Jones gegründete International Watch Company wurde in Schaffhausen (Schweiz) errichtet, um hochwertige Uhrwerke und Taschenuhren für den US-amerikanischen Markt herzustellen. Jones brachte das industrialisierte Fliessband in die altmodische Schweizer Industrie. Rund 132 Jahre nach der Gründung erwarb Richemont die Marke im Jahr 2000.

Der bisherige CEO Georges Kern baute eine einst verschlafene Marke zu einer der grössten Marken von Richemont auf. Unter seiner Führung stiess IWC mit Werbeslogans auf Kritik, die als sexistisch galten, darunter "Fast so kompliziert wie eine Frau. Aber pünktlich". Kern wechselte im vergangenen Jahr zu Breitling.

"Wir haben die letzten 10 Jahre damit zugebracht, den Vertrieb in China aufzubauen, von den Anfängen bis zu dem, wo wir heute stehen“, sagte Grainger-Herr. "Jetzt ist es an der Zeit, über Asien und Europa hinauszugehen und sich auf die USA zu konzentrieren. Wenn Sie es richtig machen, ist dies am Ende ein sehr heimischer Markt und sehr loyal, wenn Sie erst einmal investieren."

(Bloomberg)