Das Panel, das messeinterne Schiedsgremium, wacht mit Argusaugen darauf, dass Skandale und Konflikte vermieden werden. In einem gemütlichen Büro im ersten Stock des Basler Messeturms, dem Firmensitz des Baselworld-Veranstalters MCH, treffen sich täglich am späten Nachmittag die sieben Jurymitglieder. Die Schiedskommission mit sechs Juristen und einem Technischen Experten untersucht bis zum Ende des Abends die hängigen Streitfälle.

Bei einzelnen Austragungen der Messe kann es geschehen, dass Beschwerden schon am Donnerstagmorgen zeitgleich mit der Eröffnung eingehen. Dies war in diesem Jahr nicht der Fall, sagte der Technische Experte Michel Arnoux auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.

Allerdings hat das Panel vor Messebeginn bereits zwei Verteidigungsdossiers erhalten. Diese Unternehmen haben die Initiative ergriffen, weil sie fürchten, angeschwärzt zu werden. Im Durchschnitt gehen pro Messe 15 Beschwerden wegen Verletzung des Rechts auf geistiges Eigentum ein, also zwei Beschwerden pro Tag.

Es geht um das Design

Die meisten Beschwerden betreffen das Design, sagt Arnoux, der auch der Chef des Anti-Fälschungs-Dienstes des Verbandes der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) ist. Oft geht es auch um Markenschutz oder Probleme mit Herkunftsangaben.

Das Panel wendet Schweizer Recht an. Es berücksichtigt die Bundesgesetze über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben, das Urheberrecht sowie über die Erfindungspatente. Ein in der Europäischen Union eingereichtes Patent genüge nicht, was gewisse ausländische Unternehmen nicht verstünden, sagt Arnoux.

Nachdem ein Unternehmen eine Beschwerde eingereicht hat, begibt sich eine Delegation der Schiedskommission zum angeschuldigten Stand auf Beweissuche. Das Panel mit Experten aus der Schweiz, Frankreich und China fällt seine Entscheidung an der Sitzung am Tagesende. Die Entscheidung wird beiden Parteien am nächsten Tag mitgeteilt. Die umstrittenen Gegenstände müssen umgehend vom Stand entfernt werden.

Diskretion ist wichtig

Handelt ein Unternehmen nicht der Entscheidung des Panels entsprechend, kann das Schiedsgremium strengere Massnahmen ergreifen, wie der Experte erklärt. So kann die Messeleitung den Aussteller vorübergehend oder sogar auf Lebensdauer von der Baselworld ausschliessen. "Oft ist es der erste Schritt zu einem Prozess", sagt Arnoux. Die geschädigte Partei reicht dann eine Klage bei einem Gericht ein.

An der Baselworld gibt es keine Razzien oder Polizeieinsätze. Das Verfahren findet in aller Ruhe und Diskretion statt, auch wenn sich der Aussteller manchmal überrascht und zu Beginn nicht unbedingt kooperativ zeigt.

Um Konflikte und negative Werbung zu vermeiden, schuf die Baselworld in den 1980er Jahren das Schiedsgremium. Zuvor hatten geschädigte Aussteller ihre Beschwerden bei der Polizei eingereicht, die dann direkt an den Ständen der Aussteller intervenierte. Dies habe oft zu mehreren Polizeieinsätzen pro Tag geführt, erklärt der Experte.

In den ersten Jahren behandelte das Panel zwischen 30 und 40 Beschwerden pro Messe - eine Zahl, die sich nach und nach verringert hat.

Ungewöhnliche Fälle

Nicht alle Streitfälle können leicht aus der Welt geschafft werden. Im vergangenen Jahr sah sich das Panel mit einer ungewöhnlichen Anfrage konfrontiert. Ein Aussteller klagte, dass die Einrichtung seines Stand kopiert worden sei. Die Durchsetzung von Massnahmen war schwierig. Denn es sei nicht einfach, das Aussehen eines Standes während der Messe zu ändern, sagt der Experte.

Die Kommission musste sich mit einem weiteren komplexen Fall beschäftigen. Ein indischer Juwelier wurde wegen der Gestaltung eines Kettenanhängers angegriffen. Aber die Form seines Schmuckstücks entsprach der Handwerkstradition seines Landes, und seine Familie produziert dieses Modell seit mehreren Generationen.

Das Panel wandte schweizerisches Recht an und entschied zu Ungunsten des Inders. Auch wenn diese Entscheidung aus historischer und ethischer Sicht ungerecht erscheinen möge, sagt der Experte.

An der Baselworld sind reine Fälschungsfälle selten, sagte Arnoux. An der Uhrenmesse in Hongkong jedoch, wohin er jedes Jahr als Verantwortlicher der FH reist, fallen Fälschungen ins Auge. Im vergangenen Jahr prangerte Arnoux 47 Fälle an.

(AWP)