Warum Google ein Konkurrent für die Versicherungsbranche werden könnte, erklärt Thomas Landolt, Chef von IBM Schweiz, im cash-Video-Interview so: "Google hat Daten. Und wenn jemand häufig auf Auto-Webseiten ist, dann möchte dieser vielleicht auch eine Autoversicherung abschliessen. Davon weiss aber noch keine Versicherung etwas, dafür kann Google dort ansetzen." Damit hätte Google einen Wettbewerbsvorteil gegenüber einem traditionellen Versicherungsanbieter. 

Neben den grossen Technologiekonzernen können auch kleinere Anbieter zum Konkurrenten der Finanzindustrie werden, die so genannten Fin-Techs. Dabei hat die Finanzbranche auf der Suche nach neuen Produkten, Vertriebswegen und Absatzmärkten zum Teil selber Fin-Techs ins Leben gerufen, wie Landolt im Gespräch deutlich macht. Andererseits gibt es auch eine Vielzahl von Anwendungen, wo sich die Finanzbranche mit den digitalen Neuerungen auseinandersetzen muss, weil sie ausserhalb der Finanzunternehmen entwickelt werden. 

Crowd-Sourcing und Crowd-Financing finden noch nicht im grossen Stil Anwendung; Diese flexiblen Formen der Daten-Nutzung, der Finanzinvestitionen oder der Kreditvergabe fordern die traditionell verfassten Banken heraus. Auch im Zahlungsverkehr - einer dem durchschnittlichen Bank-Kunden näheren Ebene - finden veränderungen statt. IBM-Schweiz-Chef Landolt nennt etwas das "peer-to-peer-payment", wo eine Zahlung zwischen zwei Personen gar nicht mehr über eine Bank abläuft. 

Ist Finanzbranche flink genug? 

Inwiefern Google den Versicherern tatsächlich zusetzen kann, ist umstritten. Die Versicherungsbranche beschäftigt sich mit diesen branchenfremden Konkurrenten, aber wohl noch auf einem eher tiefen Niveau, wie der Verwaltungsratspräsident der Bâloise-Gruppe, Andreas Burckhardt, in einem cash-Interview vor einen halben Jahr andeutete. Burkhardt bezweifelte etwa, dass Kunden jemals auf digitalem Wege eine Lebensverversicherung abschliessen sollten.

Die Digitalisierung zeigt sich laut Burckhardt aber schon stark dort, wo der Anbieter den Kunden besser erreichen will. Dieser Eindruck deckt sich mit den Erfahrungen von Thomas Landolt; Die Finanzbranche ist für das IT-Beratungsunternehmen IBM ein wichtiger Geschäftspartner. Neben der Kundenbindung und der Verbesserung des Beratungsprozesses fragen die Finanz-Kunden vor allem auch Strategien zur Kostenersparnis nach, wie Landolt im Interview sagt.

Das allgemeine Umfeld für die IT-Branche mit dem starken Franken und dem sehr schwachen Wachstum hat für den Chef von IBM Schweiz zwei Seiten. Kunden hätten Vorhaben und Projekte gestoppt, sagt Landolt. "Gleichzeitig wissen die Firmen aber - gerade im jetzigen Umfeld - dass Innovation nötig ist." Die IT-Branche könne natürlich gerade davon profitieren. 

Im cash-Video-Interview spricht Thomas Landolt auch über den Fortschritt des "Supercomputers" Watson, den IBM vor gut einem Jahr von der Forschungsphase in die Anwendung überführt hat.

Das Gespräch mit Thomas Landolt fand im Rahmen eines IBM-Medienanlasses in Ittingen TG statt.