Trotz der Ungewissheit rund um die Wahlen in Frankreich stehen europäische Aktien so hoch in der Gunst professioneller Anleger wie lange nicht mehr. Wie die jüngste Umfrage der Bank of America Merrill Lynch verrät, wurde zuletzt kräftig aus amerikanischen in europäische Aktien umgeschichtet. Seit 1999 waren den Strategen der US-Grossbank zufolge nur während vier Monaten noch umfassendere transatlantische Verschiebungen zu beobachten.

Einmal im Monat führt die Merrill Lynch eine Umfrage bei professionellen Anlegern durch. Diese sagen, wie sie positioniert sind. An der zwischen dem 6. Und dem 12. April durchgeführten Erhebung nahmen weltweit 203 Vermögensverwalter und Fondsmanager mit verwalteten Vermögen im Gegenwert von knapp 600 Milliarden Franken teil.

Frankreich ein Gefahrenherd für Europa-Börsen

Die Gründe für den Sinneswandel liegen auf der Hand, wird die amerikanische Leitbörse doch von nicht weniger als 83 Prozent der Befragten als überbewertet beurteilt. Das entspricht dem höchsten solchen Umfragewert seit seit Beginn der Erhebung.

Als wahrscheinlichster Auslöser für eine Korrektur an der Börse in New York werden Verzögerungen bei der von der neuen Regierung in Washington in Aussicht gestellten Unternehmenssteuerreform genannt. Allerdings gibt man sich bei den Vermögensverwaltern und Fondsmanagern keinen falschen Illusionen hin. Eine Mehrheit von ihnen rechnet beim viel beachteten EuroStoxx 50 Index mit einem Rückschlag um 5 bis 10 Prozent, sollte die europakritische Marine Le Pen die Wahlen in Frankreich für sich entscheiden.

Wie die Umfrage weiter zeigt, ist die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Europäischen Union bei den professionellen Anlegern aber auch nicht mehr ganz so erdrückend wie in der jüngeren Vergangenheit.

Bankaktien erfreuen sich grosser Beliebtheit

Nicht so recht in dieses Bild passt da die vergleichsweise hohe Barmittelquote. Mit 4,9 Prozent liegt diese leicht über dem Stand von 4,8 Prozent im Vormonat und damit am oberen Ende der langjährigen Erhebungsbandbreite. Wie man bei der amerikanischen Grossbank durchblicken lässt, spricht eine derart hohe Barmittelquote meist für steigende Aktienkurse.

Interessant sind auch die Branchenpräferenzen der Umfrageteilnehmer. In Europa setzen sie vor allem auf Technologieaktien sowie auf die Finanzwerte. Gegenüber dem Vormonat wurde die Übergewichtung dieser drei Marktsegmente noch einmal kräftig ausgebaut. Sie nimmt mittlerweile extreme Züge an, hielten Vermögensverwalter und Fondsmanager noch nie so viele Bankaktien wie jetzt. Dabei dürfte es sich um eine Wette auf die neue amerikanische Regierung unter dem Republikaner Donald Trump handeln. Dieser will nämlich bei den Bankenregulierungen zurückschrauben, was positiv für den Wirtschaftszweig wäre.

Im Gegenzug machen professionelle Anleger einen grossen Bogen um die Aktien von Versorgerunternehmen. Auch solche aus dem Detailhandel und dem Nahrungsmittelsektor stehen nicht gerade hoch in der Gunst der Befragten. Noch vor wenigen Jahren gehörten übrigens die Bankaktien zu den am stärksten vernachlässigten Marktsegmenten.

Die Stärke der monatlich durchgeführten Umfrage ist: Im Vergleich mit langjährigen Durchschnittswerten lassen sich gewisse Exzesse erkennen und sich aus Anlegersicht zunutze machen.