cash: Herr Biedermann, in einer Rede an der heutigen Generalversammlung haben Sie die Credit Suisse als 'ewige Baustelle' bezeichnet. Was meinten Sie damit?

Dominique Biedermann: Ich wollte damit die vielen Strategie-Änderungen in den letzten Jahren ansprechen. Vor 12 Monaten an der Generalversammlung hatte Präsident Urs Rohner uns noch eine ganz andere Strategie verkauft, als dies CEO Tidjane Thiam dann im Oktober 2015 tat. Man hat Mühe, das Vertrauen zu halten und fragt sich, ob die Bank überhaupt noch weiss, wohin sie gehen will.

Wo steht die Credit Suisse zurzeit?

Die Zahlen sind nicht hervorragend und die Eigenkapitalbasis ist nicht die beste. Es braucht noch grosse Verbesserungen, damit man die ab 2019 von der Finanzmarktaufsicht vorgeschriebenen Konditionen erreicht. Das heisst konkret, eine Leverage Ratio von 3,5 Prozent und eine Tier-1-Ratio, die heute bei 11,4 ist und bis dann auf 14,3 hoch muss. Das ist noch ein langer Weg. Das wird nicht einfach werden.

Ethos rief im Vorfeld der GV dazu auf, den Vergütungsbericht abzulehnen. Dieser wurde nun mit 79 Prozent angenommen, nach nur 67 Prozent Zustimmung im letzten Jahr. Eine Enttäuschung für Sie?

Nein, im Gegenteil. Wenn 20 Prozent der Aktionäre mit dem Vergütungsbericht nicht einverstanden sind, ist das eine deutliche Kritik an der Vergütungspraxis. Man darf nicht vergessen, dass der grösste Stimmberater, ISS, ein Ja empfohlen hat, nach einer Nein-Empfehlung im Vorjahr. Das hat einen grossen Einfluss auf das Resultat. Und trotzdem haben immer noch viele die Vergütungen abgelehnt.

Wird dieses Votum Konsequenzen haben?

Für den Verwaltungsrat ist das kein gutes Resultat und es zeigt, dass die Aktionäre gegenüber den Vergütungen immer noch sehr kritisch bleiben. Das Vergütungssystem muss anders aussehen. Bei so schlechten Geschäftsergebnissen wie im letzten Jahr darf es nicht so hohe variable Löhne geben. Auch die absolute Höhe der Vergütungen ist noch immer sehr grosszügig.

Urs Rohner wurde mit 92 Prozent als Verwaltungsrats-Präsident wiedergewählt. Wie werten Sie dieses Resultat?

Für Herr Rohner ist das kein gutes Resultat. Normalerweise wird man als Präsident deutlicher wiedergewählt. Ein Zeichen, dass das Aktionariat Mühe hat, dem heutigen Präsidium zu vertrauen. Damit die Strategie der Credit Suisse wirklich umgesetzt werden kann, braucht es eine Verstärkung des Verwaltungsrates.

Und wie kann dieser verstärkt werden?

Es braucht eine neue Zusammensetzung des Verwaltungsrates. Das heisst, dass Urs Rohner abtreten sollte. Ein neuer Verwaltungsratspräsident wäre wünschenswert.