Keinem anderen Bankinstitut hängen die grossen Marktteilnehmer derart stark an den Lippen wie Goldman Sachs. Und das nicht ohne Grund, gilt die amerikanische Investmentbank doch als äusserst gut vernetzt. Unzählige ehemalige Führungskräfte sitzen in Politik und Wirtschaft in Schlüsselpositionen.

Im Frühjahr vor zwei Jahren warnte Goldman Sachs vor einem Preiszerfall beim Gold und bewies damit eine gute Hand. Denn innerhalb weniger Monate kollabierte das Edelmetall in Dollar betrachtet um über 30 Prozent und fiel vorübergehend auf unter 1200 Dollar je Unze.

Nun legt das mächtige Bankinstitut mit düsteren Prognosen für den Ölpreis nach. Den Preis für ein Fass der Sorte "Brent Crude" sehen die Rohstoffstrategen schon im Laufe des kommenden Quartals auf 75 Dollar fallen, was einem Rückgang um knapp 13 Prozent entsprechen würde.

OPEC-Länder haben Preisgestaltungsmacht verloren

Anders als beim Gold steht Goldman Sachs mit dieser Prognose für das Öl nicht am Anfang des Preiszerfalls. Der Preis für ein Fass der Sorte "Brent Crude" ist seit Mitte Juni bereits um über 25 Prozent gefallen.

Die Rohstoffstrategen begründen ihre auf Monate hinaus negative Haltung damit, dass die USA dank der Schiefergasförderung immer mehr für ihren eigenen Energieverbrauch aufkommen. Über die letzten Jahre seien in diesem Bereich gewaltige Produktionskapazitäten aufgebaut worden.

Der Ölmarkt sei an einen Punkt geraten, an dem ein Produktionsüberschuss drohe. Dadurch verliere die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) ihre Preisgestaltungsmacht. Auf längere Sicht werde sich der Preis den Produktionskosten im Schiefergasbereich annähern, so die Strategen.

Nicht nur Vor- sondern auch Nachteile

Bei der UBS Investmentbank setzt man sich hingegen mit den Auswirkungen eines nachhaltig tieferen Ölpreises auseinander. Im ersten Moment sei ein solcher sogar negativ, erhöhe er in Europa doch das Risiko einer Deflation. Darüber hinaus werde die heimische Ölindustrie, genauso wie ihre Zulieferer beeinträchtigt.

Auf längere Sicht schaffe ein tieferer Ölpreis der Europäischen Zentralbank (EZB) jedoch Spielraum für quantitative geldpolitische Lockerungsmassnahmen. Ausserdem steige das verfügbare Einkommen der Privathaushalte.