cash: Herr Callesen, wie reagiert die Nationalbank von Dänemark auf die Unsicherheiten wegen der fortlaufenden Griechenland-Krise?

Per Callesen: Die Märkte sind ja schon wieder einigermassen ruhig. Die Aktienmärkte sind etwas im Minus, die Bond-Preise gehen etwas hoch. Die Währung ist dort, wo sie sein muss. Es scheint also ziemlich ruhig zu sein. Die dänische Nationalbank hält keine offizielle Prognose zum weiteren Verlauf der Krise bereit.

Hat die Notenbank angesichts der sich überschlagenden Ereignisse um Griechenland in den letzten Tagen Vorkehrungen getroffen?

Wir diskutieren die Probleme um Griechenland seit Jahren. Was man sagen kann: Was wir im Moment beobachten und was wir in den vergangenen sechs Monaten beobachtet haben, unterscheidet sich deutlich von der Situation im Jahr 2012. Damals gab es eine allgemeine Kapitalflucht vom europäischen Süden in den europäischen Norden. Dies traf uns damals ungleich mehr als etwa Deutschland oder andere Länder. Es löste aus, dass wir den Einlagensatz mit -0,2 Prozent erstmals in den negativen Bereich rückten, um die Währung zu schützen.

Was ist jetzt anders?

In der aktuellen Situation beobachten wir keine Kapitalflucht vom Süden in den Norden. Wir hatten im Januar und im Februar starke Kapitalzuflüsse, aber dies hatte mit der Aufhebung der Kursuntergrenze in der Schweiz und der geldpolitischen Lockerungspolitik sowie weiteren Negativzins-Entscheidungen der Europäischen Zentralbank zu tun.  

Die Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist fast ein halbes Jahr her. Wie wie zeigen sich die Auswirkungen auf Dänemark jetzt?

Wir haben den Zins in vier Schritten auf -0,75 Prozent gesenkt. Das ist das gleiche Negativzins-Niveau wie in der Schweiz. Im Januar und Februar haben wir ziemlich massiv an den Währungsmärkten interveniert. Unsere Reserven stiegen dadurch von 25 auf 40 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Seit März beobachten wir nun einen stetigen, langsamen Abfluss. Die Situation ist ziemlich stabil, nur mit höheren Währungsreserven als im Januar.

Werden sie künftig wieder intervenieren?

Der SNB-Entscheid war ein spezifischer Auslöser. Wir hatten Kapitalzuflüsse wie gesagt schon 2012 und auch davor schon häufiger erlebt. Wir wissen, wie man mit so etwas umgeht. Es wird ohne Zweifel auch wieder passieren, aber wir haben dafür die nötigen Instrumente.

Dänemark bindet die Landeswährung, die Dänen-Krone, mit einer maximalen Schwankungsbreite von 2,25 Prozent den Euro an und hatte dies davor schon mit der D-Mark getan. Sie könnten sich aber auch dem Euro anschliessen, oder dann, die Bindung aufheben. Warum der Weg der Euro-Anbindung?

Es werden von Zeit zu Zeit Argumente vorgebracht, dass sich Dänemark dem Euro anschliessen solle. Ich bin auch dieser Meinung, so, wie auch die Zentralbank einen Euro-Beitritt befürworten würde. Es wäre wohl für Dänemark von Vorteil, denn wir übernehmen die Zinsen und den Wechselkurs sowieso. Eine Aufhebung der Euro-Anbindung wird indessen von niemandem gefordert. Sie ist bei allen politischen Parteien solide verankert. Es ist ein Mandat, das die Zentralbank von der Regierung und vom Parlament zugewiesen bekommt, und das seit über 30 Jahren.

Für einen Euro-Beitritt gibt es nach wie vor keine politische Mehrheit?

Exakt. Wir hatten im Jahr 2000 einen Referendum, in dem dies knapp verworfen wurde. Durch die Abstimmung über den Vertrag von Maastricht in den 90er Jahren haben wir zudem einen 'Opt-Out'. Die Stimmung ist immer noch so, dass wir wohl nicht beitreten werden.

Per Callesen ist seit 2011 einer der drei Gouverneure, also Mitglied des Direktoriums, der Nationalbank von Dänemark. Das Gespräch mit ihm fand im Bern im Rahmen des "Swiss International Finance Forum" (SIFF) statt.