Chinas Wirtschaftsprobleme im Sommer 2015. Der nervöse Jahreswechsel am Aktienmarkt 2015/16. Das Votum des Vereinigten Köngreichs für den Brexit im Juni 2016. Und auch die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten im November 2016.

Diese Ereignisse hatten eines gemeinsam: Sie trieben die Volatilität der Finanzmärkte in die Höhe. Ablesbar war dies jeweils am Volatilitätsindex VIX. Denn wirtschaftliche Krisen und Polit-Ereignisse, die maximale Aufmerksamkeit auf sich ziehen, lassen den Index in der Regel jäh in die Höhe schnellen.

Schwankungen des VIX-Index in den vergangenen fünf Jahren (Grafik: Bloomberg)

Der VIX basiert auf dem S&P 500 Index der amerikanischen Börse und leitet sich vom Handel mit Optionen ab. Und obwohl er sich am US-Aktienmarkt orientiert, gilt er weltweit als Gradmesser für die Stimmung am Aktienmarkt. Weil er oft heftig und steil ansteigt, hat er auch die Bezeichnung "Angstbarometer" erhalten. Panikzustände im Markt sind in diesem Index sofort ablesbar.

Erstellt wird der VIX von der Chicago Board Options Exchange (CBOE), einer der wichtigsten Terminbörsen der Welt. Wichtig dabei ist: Der VIX misst nicht die aktuelle Volatilität, sondern die kurzfristig erwarteten Schwankungen am Markt auf Basis von Daten aus dem Optionenhandel . Gesprochen wird deswegen von der "impliziten Volatilität".

Allerdings wurden sehr hohe Stände im VIX schon länger nicht mehr beobachtet. Beim "Schwarzen Montag" im Oktober 1987 lag der Stand bei über 170 Punkten, zu Zeiten der letzten Finanzkrise im Oktober 2008 betrug der Höchstwert des VIX noch 90 Punkte. Danach sanken die Werte deutlich. Seit Mitte 2016 hat sich der Indexwert häufig unterhalb von 15 Zählern befunden, was eine sehr tiefe Volatilität andeutet. Im Verlauf von 2017 fiel der Wert sogar immer wieder unter selten registrierte 10.

Volatilitäts-Anstieg wäre «konsequent»

Ungewöhnlich tiefe Werte spiegeln ein hohes Anlegervertrauen in die Märkte, was wiederum stark mit der Geldschwemme der Notenbanken zu tun hat, die in den vergangenen sieben Jahren ins System geleitet worden ist. Derzeit befindet sich der VIX bei 13,22 Zählern.

Das ist immer noch tief. Aber der Chart oben zeigt, dass es in den vergangenen Wochen einen sprunghaften Anstieg gegeben hat. Ob der Zeitpunkt gekommen ist, an dem die Volatilität nun nachhaltig steigt, kann pauschal nicht beantwortet werden.

"Ein Anstieg wäre aber nichts anderes als konsequent", sagt Patrik Schwendimann, Aktienanalyst und stellvertretender Leiter Research bei der Zürcher Kantonalbank. Eine so lange Phase tiefer Volatilität sei ungewöhnlich und kein Normalzustand.

Ist die Lage also kritischer geworden? Die Rekordjagd und die vergleichsweise hohen Bewertungen am US-Aktienmarkt jedenfalls verunsichern Teile des Marktes. Im Laufe des Januars knackte der US-Leitindex Jow Jones zuerst die Marke von 25'000 Punkte und kletterte danach weiter bis auf 26'617 Punkte. Auch der SMI stieg nach dem Jahreswechsel bis auf rekordhohe 9616 Punkte, korrigierte dann aber um 300 Punkte. 

Steigende Nervosität und höhere Volatilität gehen oft Hand in Hand. Auch andere Indikatoren wie der Obligationenmarkt, wo die Renditen steigen - zehnjährige US-Staatsanleihen rentierten kürzlich bei über 2,7 Prozent auf einem Vierjahres-Hoch - oder auch eine anziehende Inflation in den USA lassen den Rückschluss zu, dass sich der Aktienmarkt auf unruhigere Zeiten zubewegt. Und: Auch wenn diese Kennzahlen hauptsächlich die USA betreffen, sie beeinflussen die Märkte weltweit.

VIX informiert und kann gehandelt werden

Ein Index wie der VIX unterstützt, indem er die Stimmung am Markt wiedergibt, Anleger bei Entscheidungen. Beispielsweise bei der Frage, ob sie das Engagement am Markt erhöhen oder reduzieren sollen, oder ob Portefeuilles abgesichert werden sollen. Anleger sollten den VIX-Verlauf eigentlich immer beobachten, besonders genau aber in den nächsten Wochen und Monaten.

Volatilität ist aber auch handelbar, wenn auch nicht unbedingt für den durchschnittlichen Privatanleger. Es ist möglich, Derivate auf dem VIX zu kaufen und zu handeln. Gewiefte Anleger können Puts und Calls verwenden und damit gewissermassen auf die "Volatilität der Volatilität" spekulieren. In Erwartung von Ereignissen, welche die Märkte stark bewegen, kann etwa auf einen akuten Anstieg der Volatilität gesetzt werden: Anleger, die seinerzeit auf ein "Ja" beim Brexit-Votum oder auf die Wahl von Donald Trump zum Präsidenten spekuliert hatten, konnten so Gewinne einstreichen.

Ein Beispiel für so ein Produkt ist der "iPath S&P 500 VIX Future". Dabei handelt es sich um eine börsengehandelte Inhaber-Schuldverschreibung, welche die Aktienmarkt-Volatilität nachzeichnet. Auch die Schweizer Finanzdienstleistungsgruppe SIX bietet mit dem VSMI einen Index an, der Volatilität handelbar macht. Er bildet den Index durch ein Portefeuille nach, das nicht auf Preischwankungen, sondern auf Veränderungen in der Volatilität reagiert. Grundlage sind SMI-Optionen, die an der Terminbörse Eurex gehandelt werden.