Die Behörde will im Rahmen der Untersuchung in Erfahrung bringen, ob Kunden oder Blackrock selbst sich an umstrittenen Steuergeschäften (Cum-Ex) beteiligt haben. Dabei geht es wohl auch um die Praxis der sogenannten Wertpapierleihe, die Blackrock wie viele andere Fondsgesellschaften betreibt. Weder Blackrock noch die Kölner Ermittler äußern sich bislang zu den Hintergründen.

Besondere Brisanz erhalten die Ermittlungen durch die Personalie Friedrich Merz: Der frühere Unions-Fraktionschef im deutschen Bundestag, Jurist und heutige Verwaltungsratspräsident von Blackrock Deutschland will Nachfolger von Bundeskanzlerin Angela Merkel als CDU-Vorsitzender werden.

Hier die wichtigen Fragen und Antworten zur Wertpapierleihe:

WAS VERSTEHT MAN UNTER WERTPAPIERLEIHE?

Bei der Wertpapierleihe gibt der Besitzer eines Wertpapiers, zum Beispiel ein Fonds, diese für einen begrenzten Zeitraum weiter. Der Entleiher, zum Beispiel eine Bank oder ein anderer (Hedge)fonds, kann damit machen was er will, Hauptsache das Wertpapier - zum Beispiel eine Aktie - kommt zum ausgemachten Zeitpunkt wieder an den ursprünglichen Besitzer zurück. Dieser verlangt üblicherweise eine Gebühr dafür, während der Entleiher zum Beispiel während der Ausleihzeit die Dividende einstreicht - es haben also beide Seiten etwas von dem Geschäft.

Bei großen Vermögensverwaltern wie Blackrock können schnell sehr hohe Einnahmen entstehen. Dadurch wird die Wertpapierleihe, die in Deutschland seit Anfang der 1990er-Jahre möglich ist, für manche zu einem lukrativen Zweit-Geschäftsmodell.

WELCHES VOLUMEN HABEN WERTPAPIERLEIHGESCHÄFTE?

Das Geschäft mit der Ausleihe von Wertpapieren brummt zehn Jahre nach der Finanzkrise: Laut Finanzdatenanbieter Markit erreichten die Erträge aus Wertpapierleihgeschäften im dritten Quartal weltweit rund 2,5 Milliarden Dollar. Es war das beste Vierteljahr seit dem dritten Quartal 2008. Damals, kurz bevor die US-Investmentbank Lehman Brothers kollabierte und der Handel weltweit fast zum Erliegen kam, waren es 2,9 Milliarden Dollar.

Blackrock, der weltgrößte Vermögensverwalter, nahm laut US-Pflichtveröffentlichungen im ersten Halbjahr 338 Millionen Dollar über Leihgeschäfte ein - ein Plus von 14 Prozent im Jahresvergleich. Im dritten Quartal waren es 160 (2017: 150) Millionen. Die Fonds, die Wertpapierleihgeschäfte durchführen, behalten bei Blackrock nach Angaben eines Sprechers 62,5 Prozent der Einnahmen, während BlackRock selbst 37,5 Prozent einsteckt.

WAS SIND DIE RISIKEN DER WERTPAPIERLEIHE?

Für den Verleiher besteht zum einen das Risiko, dass der Entleiher während der Leihzeit pleite gehen kann. Dann würden im schlimmsten Fall Verluste entstehen, wenn die Wertpapiere nicht wieder zurückgegeben werden, weil sie zum Beispiel abermals an einen anderen Akteur verliehen sind. Ein weiteres Risiko ist, dass der Entleiher möglicherweise kriminelle Geschäfte mit den geliehenen Wertpapieren macht - auf eigene Rechnung oder auch für Kunden. Bislang muss der Verleiher bei einer Wertpapierleihe keine Überprüfung seines Geschäftspartners durchführen, wie das bei Banken und ihren Kunden unter dem Stichwort "Know Your Customer" längst üblich ist.

Es ist also denkbar, dass Blackrock Wertpapiere quasi "auf Treu und Glauben" an verschiedene Banken verliehen hat, dafür eine Gebühr einstrich und eins oder mehrere der Institute mit den Wertpapieren krumme Geschäfte am Finanzamt vorbei machte - auf eigene Rechnung oder für Kunden. Nun schließt sich der Kreis zu den umstrittenen Cum-Ex-Geschäften: Dabei ließen sich Anleger die einmal gezahlte Kapitalertragsteuer auf Aktiendividenden mit Hilfe ihrer Bank mehrfach erstatten. Dazu verschoben sie um den Dividendenstichtag herum untereinander Aktien mit (lateinisch: "cum") und ohne ("ex") Dividendenanspruch.

WERTPAPIERLEIHE - GELD ODER EINFLUSS?

Ein weiteres Problem der Wertpapierleihe ist, dass durch diese Praxis die Stimmgewichte der Aktionäre zum Beispiel bei einer Hauptversammlung verzerrt werden können. Denn durch die Leihgeschäfte kann das Gewicht und damit auch die Macht eines Aktionärs in der Realität deutlich von seinem Gewicht auf dem Papier unterscheiden. Das kann bei knappen Entscheidungen, etwa über einen Zukauf oder eine Abspaltung, zu Unsicherheit führen. Viele Fonds wiederum verzichten darauf sich ausgeliehene Aktien rechtzeitig wieder zurückzuholen, weil ihnen die Einnahmen aus der Wertpapierleihe wichtiger sind als der Einfluss auf die entsprechende Firma. 

(Reuters)