Im Jahr 2015 setzte ein regelrechter Zerfall der Rohstoffpreise ein. Allen voran der tiefe Rohöl-Preis, bedingt durch massives Überangebot, bremste die Inflation weltweit und schickte Öl-Aktien auf Talfahrt. Und auch im neuen Jahr verliert der Bloomberg-Commodity-Index, welcher die Entwicklung 22 verschiedener Rohstoffe abbildet, weiter an Wert. Der Chart steht mittlerweile bei 75,5 Punkten und büsste damit in einem Jahr 27 Prozent ein.

2016 sind es bislang "erst" minus vier Prozent. Setzt langsam eine Erholung ein? "Die Rohstoff-Preise sollten langsam einen Boden finden, unter der Annahme, dass die Welt nicht in eine globale Rezession rutscht", sagt Carsten Menke, Rohstoff-Experte bei Julius Bär, auf Anfrage von cash. Was jedoch nicht bedeute, dass die Preise stark anziehen würden. Die Märkte seien nach wie vor gut versorgt, wegen den tiefen Produktionskosten zahlreicher Rohstoffe aufgrund der Währungsabschwächung gegenüber dem Dollar.

Etwas pessimistischer sieht dies Susanne Toren, Rohstoff-Analystin bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB): "Wir müssen uns auf eine weltweite Rezession in der Industrie einstellen. Vor allem China enttäuscht." Und da die meisten Rohstoffe, auch Silber, von der Industrie gebraucht werden, sieht Toren bei Rohstoffen derzeit kaum Aufwärtspotential, mit Ausnahme von Gold.

cash nimmt die wichtigsten Rohstoffe unter die Lupe:

Gold: Versicherung, aber keine Anlage

Im neuen Jahr geht es aufwärts mit dem Goldpreis: Eine Feinunze (etwa 31,1 Gramm) kostete am Dienstag gut 1186 US-Dollar. Das ist ein Wertzuwachs von 12 Prozent seit Jahresbeginn. "Derzeit greifen Anleger wieder auf Gold zurück und nutzen es als sicheren Hafen", so Menke. Julius Bär rate den Kunden, wieder auf Gold zu setzen, jedoch nicht als Anlage, sondern als Absicherung. "Denn mit spürbar steigenden Goldpreisen rechnen wir nur im Falle einer weltweiten Krise."

Grund für das verstärkte Sicherheitsbedürfnis der Anleger sind die niedrigen Ölpreise und schlechte Signale von den Aktienmärkten. Hinzu kommt die noch anhaltende expansive Geldpolitik verschiedener Notenbanken und die schwächelnde globale Industrie. Eine lockere Geldpolitik drückt tendenziell auf die Renditen beziehungsweise Zinsen und macht dadurch die Geldanlage in zinslose Sachwerte wie Gold attraktiver.

Und Gold ist aktuell eindeutig gefragt: 2016 sind 100 Tonnen Gold in Gold-ETF geflossen, damit wurde in den ersten Wochen des neuen Jahres bereits der gesamte Abfluss aus dem Jahre 2015 wieder kompensiert. Anleger sollten aber keine zu grossen Preissprünge erwarten. Der starke US-Dollar, die tiefen Inflationserwartungen und höhere Zinsen in den USA nehmen dem Gold etwas an Attraktivität.

Auch Analysten glauben nicht an eine Gold-Rallye, wie die Prognosen für Ende 2016 zeigen: Toren von der ZKB erwartet einen Goldpreis von 1250 pro Unze, Menke von Julius Bär prognostiziert denselben Wert, sofern tatsächlich eine Krise eintrifft, ansonsten sieht er einen Rückgang der Preise auf 1100 Dollar pro Unze.

Jahresperformance Goldpreis (Quelle: cash.ch).

Palladium: Wann zieht der Analysten-Liebling an?

Die China Association of Automobile Manufacturers liess im Januar verlauten, dass die Fahrzeug-Auslieferungen in diesem Jahr wahrscheinlich um 6 Prozent zulegen würden - nachdem sich das Wachstum 2015 auf 4,7 Prozent verlangsamte. Das kommt dem Palladium zu Gute, denn: Die meisten in China verkauften Autos haben einen Benzinmotor. Dieser benötigt einen Katalysator, welcher vor allem Palladium nutzt, um die Umweltverschmutzung einzudämmen.

"Ein Preisanstieg ist in diesem Jahr bei Palladium und Platin möglich", meint auch Menke. Die Abschwächung des südafrikanischen Rand - Südafrika ist das zweitgrösste Förderland von Palladium - habe zwar zunächst für Gegenwind gesorgt, lasse nun aber nach. Weiter sei ein Wachstum in der Nachfrage zu erwarten, vor allem im Bereich der Autokatalysatoren. "Insbesondere Palladium ist sehr gefragt in den USA und in China."

Doch anziehende Preise sind noch keine zu sehen. Im Gegenteil: Aktuell bezahlt man für eine Unze Palladium 498 Dollar. Das sind 12 Prozent weniger als zu Jahresbeginn und 36 Prozent weniger als vor einem Jahr. Nichtsdestotrotz glauben zahlreiche Analysten weiterhin an ein Aufwärtspotential: Palladium könne in diesem Jahr auf durchschnittlich 610 Dollar je Unze steigen, meinte etwa Bernard Dadah von Natixis vor zwei Wochen gegenüber Bloomberg.

Jahresperformance Palladium (Quelle: cash.ch).

Nickel: Angebot geht zurück

Der Nickel-Preis hat einen längere Kursrückgang hinter sich. Innerhalb eines Jahres reduzierte er sich um 44 Prozent, in diesem Jahr gab er bislang 2 Prozent her. Der niedrige Preis könnte das Angebot kürzen. Denn wie die Commerzbank in einem Bericht schätzt, dürften unter einem Preis von unter 10'000 Dollar je Tonne die Hälfte der Produzenten auf globaler Ebene unprofitabel sein. Bei aktuellen 8485 Dollar je Tonne ist von einem schrumpfenden Angebot auszugehen, da viele Anbieter irgendwann ihre Produktion einstellen müssen. Früher oder später wird dies zu einem Preisanstieg führen. Die Commerzbank sieht diesen Ende 2016 bei 11'000 Dollar je Tonne.

Auch andere Industriemetalle wie Kupfer, Aluminium, Blei, Zinn oder Zink könnten 2016 zu einem leichten Aufwärtstrend ansetzen oder zumindest einen Boden finden, scheint der Preiszerfall doch übertrieben und von den Fundamentaldaten abgekoppelt zu sein. Doch eine globale Rezession würde die Erholung stoppen.

Jahresperformance Nickel (Quelle:cash.ch).

Rohöl: Die Ölflut hält weiter an

Da einige Opec-Staaten den Weltmarkt mit Rohöl richtiggehend fluten, kostet ein Barrel (Fass zu 159 Liter) nur noch etwa ein Drittel so viel wie noch im Frühjahr 2014. Die richtungsweisende Sorte Brent aus der Nordsee und das US-Öl WTI sind mit unter 33 Dollar und knapp 30 Dollar auf einem im historischen Vergleich extrem tiefen Niveau.

Und die Zeichen stehen trotz tiefer Preise noch nicht auf Angebotssenkung: Nach Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Iran sind stärkere Ölexporte durch das wichtige Förderland zu erwarten, gleichzeitig verzeichnen die USA rekordhohe Ölreserven. Zusätzlich schwemmt auch Saudi-Arabien billiges Öl in die Märkte, da das Land vergleichsweise günstig produzieren kann und mit den anhaltend tiefen Preisen einige ungewollte Wettbewerber aus dem Markt drängen will.

"Die Energiepreise können noch weiter nachgeben", sagt Toren von der ZKB. Ein Ölpreis von 25 Dollar oder noch tiefer sei denkbar. Das würde gleichzeitig energieintensive Industriemetalle unter Preisdruck setzen und die Prognosen der meisten Rohstoffe nach unten korrigieren. Am stärksten wäre Aluminium betroffen, da für die Herstellung ein hoher Energieaufwand nötig ist.

Jahresperformance Rohöl, Marke Brent (Quelle: cash.ch).

 

Entwicklung der Rohstoffpreise

Rohstoff Performance seit 1.1. (in %) Performance 1 Jahr (in %) Tendenz bis Ende 2016
Gold 11,8 -3,8 seitwärts 
Silber 8,7 -3,8 seitwärts
Zink 7,2 -20,2 seitwärts
Platin 3,7 -23,6 ansteigend
Mais 1,9 -6,5 seitwärts
Aluminium 1,6 -17,5 seitwärts
Weizen -0,7 -11,9 seitwärts
Kupfer -0,7 -17,6 ansteigend
Blei -0,7 -3,1 seitwärts
Nickel -2,1 -43,6 ansteigend
Rohöl (Brent) -10,4 -42,8 seitwärts
Palladium -11,6 -30,8 ansteigend

Quelle: cash.ch, Stand 09.02.2015