"Wappnen Sie sich, die weltweiten Aktienmärkte stehen kurz vor einem Bärenmarkt", schreibt die Nachrichtenagentur Bloomberg in einer Meldung von diesem Dienstagmorgen. Der MSCI-Index für alle Länder zeige einen Rückgang der Kurse um 18 Prozent seit vergangenem Mai.

Der MSCI All Country Index mit Höchststand Mai 2015 (Quelle: Bloomberg)

Auch andere Märkte befinden sich in einem Negativsog. Der SMI hat von seinem letztjährigen Höchststand Anfang August 18,5 Prozent verloren. Der Dow Jones hat seit Mai 12,5 Prozent verloren. Der Frankfurter Dax hat seit April 27,5 Prozent verloren. Sind das nun alles Bärenmärkte? Eine gängige Definition besagt, dass bei Kursrückgängen von 20 Prozent innerhalb zweier Monate von einem Bärenmarkt gesprochen werden kann.

Baisse und Bärenmarkt meinen das gleiche. Der Ausdruck aus dem Börsianer-Deutsch (oder Börsianer-Englisch) rührt daher, dass der Bär ein defensives Tier ist, das sich behäbig fortbewegt und vorsichtig agiert. Der Gegenbegriff Bullenmarkt, der steigende Kurse beschreibt, kommt von der typischerweise aggressiven Art eines männlichen Tieres. Anders verbildlicht: Der Bär schlägt mit der Tatze von oben nach unten, der Bulle stösst mit den Hörnern von unten nach oben.

Psychologische Untertöne

Wie eine Umfrage von cash zeigt, sind sich Anlageprofis noch nicht einig, ob in der Schweiz von einem Bärenmarkt gesprochen werden kann. In den vergangenen 25 Jahren erlebte der Schweizer Markt sechs Bärenmärkte, zuletzt in der globalen Finanzkrise. Zwischen Juni 2007 und März 2009 fiel der SMI um über 50 Prozent. Bis zum Sommer 2015 regierten danach die Bullen.

Den Begriff einer Korrektur für die aktuelle Lage verwenden aber alle Experten: Von einer Korrektur kann aber bereits gesprochen werden, wenn die Märkte einige Prozent zurückgehen, und das über wenige Tage. Ein Bärenmarkt ist hingegen ein längerfristiges Phänomen.

In einer Korrektur kann der Anleger bei gesunkenen Preisen zukaufen und auf bald wieder steigende Kurse hoffen. In einem Bärenmarkt, wo die Stimmung gedrückt ist und psychologische Negativ-Einstellungen sich gegenseitig verstärken, ist dies nicht so einfach.

Tückische «Erholungen»

Deswegen definieren nicht allein Prozentzahlen und Zeitabschnitte den Bärenmarkt. Börsenprognostiker und "Crash-Prophet" Marc Faber sagte kürzlich im Börsen-Talk, der US-Markt sei schon seit 2011 in einer relativ schlechten Verfassung, nur nur Aktien-Stars wie Facebook, Google oder Amazon hätten die Inidices gestützt. Der mittlere Wert von Aktien in den USA sei aber bereits mehr als 25 Prozent gefallen.

Ein Unterbegriff des Bärenmarktes ist übrigens die Bärenmarkt-Rally: Eine Phase steigender Kurse, gemäss Definition um 10 bis 20 Prozent, mitten in einem generell fallenden Markt hat etwa tückisches. Sie stellt keine Trendwende oder Erholung dar, denn die Märkte wollen weiter nach unten. Nach dem Crash von 1929 begannen die Kurse im Dow Jones ab einem gewissen Punkt wieder zu steigen, doch 1932 war es damit erneut zu Ende.

Erschwerend kommt hinzu: Ein Bärenmarkt und damit eine Bärenmarkt-Rally lassen sich typischerweise erst nach einer gewissen Zeit oder nachträglich also solche bezeichnen.