Vals - da dachte man bis vor einigen Jahren erst mal an das bekannte Mineralwasser, das in harter Konkurrenz zu den lokalen Mitbewerbern Passugger und Rhäzünser stand. Aus dem Fokus der Öffentlichkeit verdrängt wurde das Wässerchen aber immer mehr von der imposanten Valser Therme des Basler Architekten Peter Zumthor. Und vom noch eindrücklicheren Streit über den Verkauf der Bade- und Hotelanlage im letzten Jahr, der schweizweit für Verwunderung und bisweilen Unverständnis stiess. Über die Rechtmässigkeit des Therme-Verkaufs an den Investor Remo Stoffel gibt es nach wie vor keine Klarheit.

"Lieber schlechte Publicity als gar keine Publicity", sagt Martin Loretz im cash-Video-Interview schmunzelnd auf die Frage, ob der Therme-Streit dem Tourismus-Standort Vals nun geschadet oder gar genützt habe. "Wir sind der Meinung, dass dies dem Valser Tourismus nicht geschadet hat."

Loretz ist Präsident der Tourismusvereinigung Vals und muss dafür sorgen, dass die Touristen nach Vals kommen. Und er muss vor allem einen Turnaround schaffen. Denn die jüngsten Zahlen sind wenig schmeichelhaft. Die  Übernachtungszahlen aus den Monaten April und Mai waren im Vergleich zum Vorjahr stark rückläufig, wie aus den Berichten des Bundesamtes für Statistik hervorgeht.

Auch wenn April und Mai traditionell Tiefsaison-Monate sind und der Frühling 2013 von erbärmlichen Wetter gekennzeichnet war: Der rückläufige Trend erfasst den ganzen Kanton Graubünden und ist nicht erst in diesem Jahr manifest. Kumuliert liegen die Logiernächtezahlen im laufenden Jahr im Steinbock-Kanton fast 12 Prozent unter dem Fünfjahresmittel. Besonders Gäste aus dem Norden machen sich rar. Die Übernachtungszahlen deutscher Besucher liegen in diesem Jahr 24 Prozent unter dem Fünfjahresmittel. Die Schweizer Hotellerie hat seit 2008 rund sieben Prozent an Übernachtungen verloren.

Schwierige Zeit für den Tourismus

"Der Tourismus als solches durchlebt derzeit eine schwierige Zeit", sagt Loretz. Er macht dafür den starken Franken sowie veränderte Reisegewohnheiten verantwortlich. Daneben gibt es im Schweizer Tourismus altbekannte strukturelle Schwächen. Dazu zählen kleingewerbliche Betriebsstrukturen, eine ungenügende Ertragslage vor allem der Drei- und Viersternhotellerie, zu kleinräumige Destinationen und eine zu geringe Innovationskraft.

Loretz will aber nicht lamentieren. In der Tat hat Vals mit der weltweit bekannten Therme ein fixes Standbein, das einen konstanten Besucherstrom aus dem Unterland garantiert. Vor dem Therme Hotel stehen denn auch Autos mit Nummerschildern von der Slowakei bis Belgien, im Bad tummeln sich nebst einheimischen Touristen betuchte Inder, Japaner und Südamerikaner. Davon können andere kleinere Tourismusorte in der Schweiz nur träumen.

Allerdings ist die Therme auch ein Klumpen. Rund 80 Prozent der Gäste kommen wegen des Bades und des dazugehörenden Hotels ins Bündner Bergdorf. Davon will man sich lösen. Auf der neuen Website von Vals.ch, auf welcher grossflächige Bilder mit einer 3-D-Brille betrachtet werden können, wird die Bäderwelt denn auch als eine von vielen Attraktionen des Dorfes dargestellt.

Dabei setzt man bewusst auf Überschaubarkeit und Bewegungsfreiheit abseits des Rummels: "Eine Sportbahn, ein Stausee, ein Steinbruch, eine Mineralquelle, eine Therme, ein weitläufiges Sommer- und Wintersportgebiet", lautet das Credo.  "Man wird wohl eine Stunde länger fahren müssen, man wird aber dennoch schneller auf der Skipiste sein als an grösseren Orten", so Loretz. "Wir sind nicht dermassen überfüllt."

Geht die Rechnung auf?

Auffallend ist, dass sich die jüngste Werbekampagne besonders auf die Schweizer Kundschaft abzielt. Ende Juni verteilten Vals-Verantwortlichen am Zürcher, am Basler und am Churer Bahnhof Geschenksäckli mit 3-D-Brille, Broschüren, Quarzitmüsterli und einem kleinen Buch.

Bei so genannt innovativen Angebote anderer Destinationen - wie etwa der fixe Euro-Wechselkurs von 1,40 Franken in Grächen VS - will Vals aber nicht mitziehen. "Vals ist seit längerem auf Qualität statt Quantität fixiert", sagt Loretz. Bei 1000 Gästebetten und rund 1000 Einwohnern sei dies auch gar nicht möglich.

Kaum möglich sind in Vals auch Preise wie etwa in Grindelwald, wo man in der Hochsaison in einem älteren Châlet-Hotel ein paar Meter neben der Bahnlinie und mit veralteter Inneneinrichtung gut und gerne 200 Franken für das Doppelzimmer liegen lässt. "Wir haben Beherbergungsangebote, die vom Preis her attraktiv sind", sagt Loretz - und verweist etwa auf das Valser Hotel Steinbock, das im letzten Dezember eröffnete wurde. Doppelzimmer mit Dreiviertelpension (Frühstück, "Z'Vieri" und Abendessen) sind in der Tiefsaison schon mal für 120 Franken möglich.

Qualität statt Quantität - ob die Rechnung für Vals aufgeht, zeigen die nächsten Jahre.

 

Im cash-Video-Interview äussert sich Martin Loretz detailliert über die Entwicklung der Tourismusdestination Vals.

Bericht und Video entstanden im Rahmen einer Pressereise, zu der die Gemeinde Vals eingeladen hatte.