Der Ifo-Geschäftsklimaindex sank im Juli um 0,9 auf 100,8 Punkte, wie das Wirtschaftsforschungsinstitut aus München am Montag zu seiner Manager-Umfrage mitteilte. Es war der erste Rückgang des Barometers seit Januar. Von Reuters befragte Ökonomen wurden davon überrascht, da sie mit einem Anstieg gerechnet hatten. "Lieferengpässe bei Vorprodukten und Sorgen um wieder steigende Infektionszahlen belasten die deutsche Wirtschaft", erläuterte Ifo-Präsident Clemens Fuest.

Die Manager beurteilten ihre Lage zwar etwas besser als zuletzt. Die Geschäftsaussichten für die kommenden sechs Monate wurden jedoch weniger optimistisch bewertet. "Dass die Erwartungen nachgeben, dürfte mit den wieder zunehmenden Infektionszahlen in Deutschland zusammenhängen", so Christoph Swonke, Konjunkturanalyst der DZ Bank. Zusammen mit den Lieferengpässen könnte dies seiner Meinung nach die wirtschaftliche Erholung bald drosseln.

Hierzulande ist nun knapp die Hälfte der Bevölkerung geimpft. Insgesamt haben 60,9 Prozent mindestens eine Impfdosis erhalten, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) mitteilte. Laut dem Präsidenten des Weltärztebundes, Ulrich Montgomery, befindet sich Deutschland bereits in der vierten Corona-Welle, da man alle zehn Tage eine Verdoppelung der Ansteckungen sehen könne. Mit konsequenter Quarantäne für ungeimpfte Reiserückkehrer und der Einhaltung der AHA-Regeln müsse man dafür sorgen, dass "aus der vierten Welle kein Tsunami" werde, warnte er jüngst.

Allzu rosige Konjunkturerwartungen könnten angesichts dieser Gefahren enttäuscht werden. "Nach einer kräftigen Erholung im Sommerhalbjahr dürfte die deutsche Wirtschaft im vierten Quartal leider wieder unter Corona leiden, auch wenn sie wohl kaum erneut schrumpfen wird", sagte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Chefvolkswirt Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe pflichtet ihm bei. Die allseits erwartete geradlinige Erholung im zweiten Halbjahr sei keineswegs ausgemachte Sache: "Die Konjunktur wird noch viele Monate am Impffortschritt und der Reparatur von Pandemieschäden hängen."

DOMINOEFFEKT DURCH LIEFERENGPÄSSE

Von Reuters befragte Ökonomen erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal um 2,0 Prozent zugelegt hat. Eine erste Schnellschätzung dazu veröffentlicht das Statistische Bundesamt am Donnerstag. Laut Bundesbank dürfte das Wachstumstempo im Sommer trotz der Lieferengpässe noch zulegen, so dass die Wirtschaft im laufenden dritten Quartal ihr Vorkrisenniveau erreichen kann. Zu Jahresbeginn war das BIP Corona-bedingt um 1,8 Prozent geschrumpft.

Das Ifo-Barometer zeigte an, dass sich das Geschäftsklima auch im Verarbeitenden Gewerbe im Juli verschlechterte. Fast 64 Prozent der Industriebetriebe klagten mittlerweile über Engpässe bei Vorprodukten wie Chips, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. "Das strahlt mittlerweile auf andere Branchen aus." So würden auch 60 Prozent der Gross- und mehr als 42 Prozent der Einzelhändler über Probleme klagen. "Das ist wie ein Dominoeffekt", sagte der Konjunkturexperte.

Zum Chip-Mangel, der insbesondere auch die deutschen Autobauer trifft, trägt die Corona-Welle in Malaysia bei. Das asiatische Land ist ein wichtiger Standort für die Chipbranche. In Malaysia erreichte die Zahl der Neuinfektionen und die Zahl der Todesopfer zuletzt Rekordwerte. Die Chip-Krise wird die Autoindustrie nach Einschätzung von Daimler auch im kommenden Jahr nicht loslassen. Auch Volkswagen und BMW macht der Engpass immer mehr zu schaffen.

(Reuters)