Nachdem Chinas wichtigster Aktienindex, der Shanghai Composite Index (SSE), im Juni 2015 seinen Höchststand erreicht hatte, ging es mit den Kursen seither fast 40 Prozent bachab. "Die Märkte waren beunruhigt über die plötzlich langsamer wachsende chinesischen Wirtschaft, gekoppelt mit Liquiditätssorgen aufgrund der Eingriffe von Peking", sagt Hyung Jin Lee, Head of Asian Equities bei Baring Asset Management im cash-Börsen-Talk.

Für Lee war klar, dass eine Wirtschaft in der grösse Chinas nicht ewig ein Wachstum von 10 Prozent aufweisen kann. Das sei aber auch nicht nötig. "Ein ständig hohes Wirtschaftswachstum würde zu viel Druck auf die chinesische Wirtschaft und Gesellschaft auslösen", so der koreanische Aktienexperte. China werde in der langen Frist jedoch - zwar mit einer langsameren Geschwindigkeit - weiter wachsen.

Nicht nur in China, auch global ist aktuell eine hohe Volatilität der Aktienmärkte beobachtbar. Allen voran bei den Schwellenländern, aber auch in Europa und den USA. Zunächst kam die Griechenland-Krise, dann wurde Brasiliens Kreditrating heruntergestuft und aktuell beschäftigt die Märkte auch noch die bevorstehende Zinserhöhung in den USA. Dies alles zusammen mit den chinesischen Aktien-Turbulenzen hat weltweit eine Verunsicherung ausgelöst.

Wo sich in Asien Investitionen lohnen

Trotz diesem unsicheren Umfeld sieht Lee noch in vielen Märkten Asiens Investitionsmöglichkeiten. Allem voran Aktientitel, die vom langfristigen Konsumanstieg Asiens profitieren, welcher in den meisten asiatischen Ländern beobachtbar ist.

Sobald sich das Einkommen erhöht, geben Konsumenten mehr Geld für Kleider, Gesundheit und Kosmetik aus - es bildet sich eine Mittelschicht. Und genau diese genannten Branchen sind gemäss Lee in der Folge auch interessant für Investoren. "Das grösste Konsumwachstum wird es in weniger entwickelten Ländern in Südostasien und in Indien geben", so Lee. Währenddessen falle das Wachstum in Südkorea, Taiwan und Hongkong geringer aus, da diese Länder bereits sehr weit entwickelt seien.

Trotzdem kommt die aktuelle Lieblingsaktie Lees nicht aus einer der genannten Branchen, sondern aus dem Internet-Bereich: Tencent. Das chinesische Unternehmen geniert einen Grossteil seiner Einnahmen aus dem sehr erfolgreichen PC-Spiele-Geschäft und investiert diese auch gleich wieder in andere Internet-Projekte. "Die jungen Leute in China, und das gilt natürlich auch weltweit, benutzen zunehmend das Internet auf dem Smartphone oder Tablet, um Filme, Fernsehshows und Musik zu konsumieren", sagt Lee. Und genau in diesem Gebiet ist Tencent sehr stark.

US-Zinsentscheid bereits eingepreist?

Auch in Asien sind die Märkte natürlich gespannt auf den Zinsentscheid der US-Notenbank am heutigen Donnerstag. "Historisch gesehen waren höhere Zinssätze in Industrieländern nicht gut für Schwellenländer", betont Lee. Dies würde einen Druck auf die Währungen und die Finanzierung ausüben. Speziell betroffen seien davon sogenannt "verletzliche Länder", welche ein Leistungsbilanz- oder Haushaltsdefizit aufweisen. Als verletzlich im asiatischen Markt sieht Lee in erster Linie Indien und Indonesien.

Aber die ganze Volatilität durch die bevorstehende Zinserhöhung habe man bereits jetzt in den Märkten gesehen, zum einen in den unsicheren Aktienmärkten, zum anderen im erstarkenden Dollar. Was Lee zum Schluss kommen lässt, dass die Märkte den US-Zinsschritt bereits eingepreist haben. "Wenn nicht noch völlig neue Fakten ans Licht kommen, die der Markt so nicht erwartet hatte, dann wird die Leitzinsanhebung problemlos ablaufen", ist Lee überzeugt.

Im cash-Börsen-Talk sagt Hyung Jin Lee ausserdem, ob er den Wachstumsdaten der chinesischen Regierung traut und wie es in China überhaupt zum Börsen-Hoch vom Juni kam.