Die Firma Wunong Net Technology ist vergangene Woche über den amerikanischen Tech-Index Nasdaq an die Börse gegangen. Vor dem IPO (Initial Public Offering) war der Name kaum jemandem geläufig. Doch auch in China selbst ist das Unternehmen offenbar nur wenig bekannt. Es handelt sich um ein Unternehmen, das "genetisch nicht-modifizierte" Landwirtschaftsprodukte anbietet. Wunong ist also eine Art Bio-Food-Onlinehandel.

Das IPO hatte 30 Millionen Dollar eingebracht. Drei Tage nach dem Listing war der Kurs gestern schon um 2350 Prozent angestiegen. Am Freitag fielen die Valoren zwar um 36 Prozent, aber das belässt den verbleibenden Kursanstieg immer noch bei 1460 Prozent. Der Finanznachrichtendienst Bloomberg geht davon aus, dass dies die beste Wochenperformance eines IPOs mit einem Volumen über 30 Millionen ist. In den Zeiten der Dotcom-Blase gab es auch hohe Kursanstiege, aber die waren nicht mal ein Drittel so hoch. 

Das Misstrauen gegenüber dem Wunong-Börsengang ist allerdings gross. Manche mutmassen, dass das Ganze nicht sehr seriös sei. Auf Twitter ist schon von einem "scam" die Rede, also einem bewusst angelegten Betrug. 

In einem Punkt unterscheidet sich Wunong von zuletzt sehr erfolgreichen IPOs wie Airbnb, Doordash oder Snowflake, die ihre Kurse direkt nach dem Börsengang gleich einmal verdoppelten in der Tat: Bei Wunong ist fraglich, ob das Geschäftsmodell erfolgversprechend ist.

«Wer weiss schon, was das für ein Ding ist!»

Die Onlineplattform hat 85‘000 aktive monatliche Nutzer. Der Umsatz 2019 betrug nur 8 Millionen Dollar, der Verlust belief sich dabei auf 1,8 Millionen Dollar. "Dieser Aktienrausch hat nichts mit den Fundamentaldaten zu tun", sagt Anthony Tong, von Broker und Analysehaus Beacon Securities aus Toronto.

Der Börsenkommentor und ehemalige Hedgefonds-Manager Jim Cramer umschrieb sein Misstrauen gegenüber dem Unternehmen auf dem Sender CNBC so: "Wer weiss schon, was das für ein Ding ist!"

Wie bei anderen Kursexplosionen, die in den vergangenen Monaten auch bei klein kapitalisierten, wenig bekannten Firmen beobachtet worden sind, werden hinter Wunong Retail-Anleger vermutet. Die Kursexplosion widerspiegelt eine totale Euphorie.

Wunong gehört zu einer Reihe von chinesischen Firmen, die trotz des Handelskonflikts mit den USA an die amerikanische Börse geströmt sind. Aus US-Sicht ist auch die Zahlenzuverlässigkeit ein Thema: Die USA wollen die Finanzdaten von China-Unternehmen besser untersuchen können. Chinesischen Firmen drohen daher, von den US-Börsen zu fliegen, nachdem US-Präsident Donald Trump entsprechende Gesetzesgrundlagen unterschrieben hat. Doch auch die Gefahr, vom US-Markt ausgeschlossen zu werden, drosselt den Aktienrausch offenbar nicht.

Mit Material der Nachrichtenagentur Bloomberg.