cash: Die Zinsen auf Obligationen sind seit Jahren im Keller. Zeichnet sich eine baldige Erholung ab?

Peter Bänziger: Die Rendite des zehnjährigen Eidgenoss ist von gut 1 Prozent Anfang Jahr wieder auf unter ein halbes Prozent gerutscht. Eine Erholung dürfte nicht so rasch einsetzen, da die Europäische Zentralbank die Finanzmärkte mit Euro fluten wird. Dies wird auch hierzulande das Zinsniveau tief halten, wegen der Koppelung des Frankens an den Euro.

Wie lange werden wir somit noch mit tiefen Zinsen leben müssen?

Das ist schwierig abzuschätzen. Ich denke, dass wir noch ein bis zwei Jahre tiefe Zinsen haben werden. Was man sieht, ist eine Abkoppelung des Zinsniveaus in den USA von den europäischen Zinsen.
Der Konsens geht von einer Erhöhung der US-Zinsen im zweiten Quartal 2015 aus.

Drehen dann die Zinsen auch auf dem alten Kontinent?

Auf die langfristigen Zinsen wird dies wahrscheinlich einen Einfluss haben. Von einem unmittelbaren Effekt würde ich aber nicht ausgehen, da die Erwartung der Zinsanhebung im zweiten Quartal nächsten Jahres bereits im Zinsmarkt eingepreist ist.

Wie gehen institutionelle Investoren wie Pensionskassen mit diesen tiefen Zinsen um?

Es ist in der Tat schwierig, vor allem für Neuanlagen. Der Anteil von Obligationen und Bargeld blieb über die letzten Jahre relativ stabil. Die Pensionskassen haben denn auch von steigenden Obligationenkursen profitiert. Was man nun beobachtet, ist eine Diversifikation innerhalb der Obligationen. Es werden zum Beispiel mehr Schwellenländer-Obligationen in Hart- oder Lokalwährungen gekauft, auch in sogenannte Absolute Return Fonds fliesst mehr Geld.

Führen die tiefen Zinsen zu kleineren Pensionen für künftige Bezüger?

Nein, das würde ich nicht sagen. In der ganz langfristigen Betrachtung sind nicht nur die Obligationenrenditen, sondern auch die Immobilien- und Aktienrenditen relevant. Klar ist hingegen, dass aufgrund der längeren Lebenserwartung der Umwandlungssatz irgendwann sinken muss. Auf der anderen Seite schützt das tiefe Inflationsumfeld die Pensionskassengelder vor einem Kaufkraftverlust. Dies war früher nicht der Fall.

Ich muss somit als 37-Jähriger nicht um meine Pension bangen?

Nein, sicher nicht (lacht).

Ein oft empfohlenes Gegenmittel gegen die tiefen Renditen sind Aktien. Ist dies auch Ihr Rezept?

Ich war bis vor einem Jahr sehr positiv gestimmt für Aktien. Auf mittlere Sicht wäre ich aber vorsichtig. Denn die Aktienmärkte stecken bereits in einer Überbewertung, auch wenn sie noch nicht sehr ausgeprägt ist. Aber das anhaltende Tiefzinsumfeld könnte dafür sorgen, dass wir noch massive Übertreibungen an den Börsen sehen werden. Ich empfehle privaten und institutionellen Anlegern, bei weiteren Kursgewinnen schrittweise die Gewinne mitzunehmen.

Sie fürchten somit eine Aktienblase?

Ja, das befürchte ich im Ansatz. Denn es sind alle Zutaten vorhanden: Eine übermässige Liquidität, extrem tiefe Zinsen und überall hört man sagen, Aktien seien alternativlos – ein extrem schlechtes Argument. Auf der anderen Seite muss man auch sehen, dass die Weltwirtschaft gut läuft und die Unternehmensgewinne vor allem von US-Firmen auf Höchstständen sind. Dies dürfte die Aktienkurse stützen.

A apropos Aktien – Würden Sie die Aktie des chinesischen Onlinehändlers Alibaba kaufen?

(lacht) Chinesische Aktien, geschweige denn Börsengänge chinesischer Aktien sind schwierig einzuschätzen. Für mich würde ich die Aktie nicht kaufen.

 

Das Interview mit Peter Bänziger wurde am Rande der Swisscanto-Veranstaltung "Die Schweizer Pensionskassen im Herbst 2014" geführt.